Was machen Betriebsärzt*innen?
Betriebsärzt*innen übernehmen vielfältige Aufgaben im Bereich Prävention und Früherkennung im Unternehmen und tragen dazu bei, mögliche gesundheitliche Risikofaktoren im Betrieb zu erkennen und zu beseitigen. Das können zum Beispiel Gefahrstoffe sein, die Haut oder Lunge schädigen können, aber auch Belastungen wie Strom und Lärm oder durch Infektionsgefahren. Darüber hinaus kann auch eine unzureichende Ergonomie des Arbeitsplatzes zu gesundheitlichen Gefährdungen führen. Ein zunehmend wichtiges Feld sind auch psychische Beeinträchtigungen wie Burnout durch Stress und Überforderung, unter denen immer mehr Beschäftigte leiden. Betriebsärzt*innen können durch ihre Fachkenntnis die Zusammenhänge zwischen bestimmten Bedingungen am Arbeitsplatz und möglichen gesundheitlichen Risiken erkennen und Arbeitgeber beraten, wie sie diese Faktoren ausschalten oder vermindern können.
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Betriebsärzt*innen einerseits medizinische Ansprechpartner für die Beschäftigten sind, vor allem im Bereich Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Unfallverhütung. Andererseits üben sie auch eine beratende Tätigkeit für Arbeitgeber aus und unterstützen zum Beispiel bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Diese gilt als Grundlage des betrieblichen Arbeitsschutzes und ist für Unternehmen verpflichtend.
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Aufgaben von Betriebsärzt*innen
Die Beratung von Unternehmen umfasst alle Maßnahmen, die dazu beitragen, Arbeitsplätze gegen gesundheitliche Risiken abzusichern. Sollen zum Beispiel neue Anlagen angeschafft und in Betrieb genommen werden, beraten Betriebsärzt*innen im Hinblick darauf, worauf dabei aus gesundheitlicher Sicht geachtet werden sollte. Sie halten auch ein Auge darauf, wie die Arbeitszeiten gestaltet sind und welche Pausenregeln gelten. Um sicherzustellen, dass der Arbeitsschutz nicht nur auf dem Papier besteht, begehen sie die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen. Stellen Sie Mängel fest, melden sie diese dem Arbeitgeber.
Betriebsärzt*innen nehmen notwendige Vorsorgeuntersuchungen vor, die teilweise verpflichtend sind, teilweise von Beschäftigten eingefordert werden können, wenn diese zum Beispiel den Verdacht haben, dass die Arbeitsbedingungen zu einer Erkrankung führen könnten. Die Ergebnisse der Untersuchung werden dokumentiert und auch ausgewertet. Zudem achten sie bei ihren Begehungen auch darauf, ob die Mitarbeitenden die Sicherheitsvorschriften einhalten und klären über mögliche Unfall- und Gesundheitsrisiken auf. Nicht zuletzt unterstützen sie auch die Schulung von Ersthelfer*innen im Betrieb.
Dürfen Betriebsärzt*innen impfen?
Seit 2020 dürfen Betriebsärzt*innen alle gängigen Schutzimpfungen im Betrieb verabreichen und dies mit den Kranken- und Ersatzkassen abrechnen. Diese Änderung erfolgte im Zuge der Corona-Pandemie, um das Impfgeschehen in Deutschland zu beschleunigen.
Warum sind Betriebsärzt*innen notwendig?
Laut einer Auswertung der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) kam es 2021 zu 977.070 gemeldeten Arbeitsunfällen. Davon verliefen 510 tödlich, 227 Menschen verunglückten zusätzlich tödlich auf dem Arbeitsweg. Auch wenn die Zahl der Arbeitsunfälle insgesamt seit 1992 um rund 57 Prozent gefallen ist, zeigt sich an diesen Zahlen doch klar, dass die Arbeitssicherheit immer noch ein wichtiges Thema ist. Denn Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten bedeuten für Arbeitgeber hohe Kosten, die es möglichst zu vermeiden gilt.
Auch wenn inzwischen weniger Berufe mit erhöhten gesundheitlichen Risiken verbunden sind, gibt es auch bei Büroarbeitskräften bestimmte Gefährdungspotenziale. Rücken- und Nackenschmerzen, der „Mausarm“, Augenbeschwerden oder auch psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Viele dieser Krankheiten könnten bei Früherkennung verhindert werden, oder die Folgen ließen sich zumindest reduzieren.
Vorteile für Arbeitgeber
Durch ihre Arbeit unterstützen Betriebsärzt*innen Arbeitgeber dabei, ihren gesetzlichen Pflichten in punkto Arbeitsschutz und Unfallverhütung nachzukommen. Arbeitgeber tragen so dazu bei, die Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten in punkto Sicherheit zu optimieren und das Unfallrisiko und andere gesundheitliche Gefährdungen zu verringern. Das wirkt sich positiv auf die Fehlzeiten aus und bedeutet daher eine erhebliche Kostenersparnis, insbesondere im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen, wie etwa einem professionellen Betrieblichen Gesundheitsmanagement.
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Vorteile für Arbeitnehmer*innen
Die Beschäftigten haben einen medizinischen Ansprechpartner im Betrieb, der die ärztliche Schweigepflicht beachten muss. Durch die Tätigkeit von Betriebsärzt*innen werden die gesundheitlichen Risiken innerhalb des Betriebes möglichst weit reduziert und die Maßnahmen des Arbeitsschutzes effektiv umgesetzt. Beschäftigte können sich zudem durch den Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin impfen lassen und ersparen sich so den zusätzlichen Gang zum/zur Hausarzt/-ärztin.
Rechtliche Grundlagen
In erster Linie regelt das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) die Rechte und Pflichten von Unternehmen und Betriebsärzt*innen. Außerdem gilt die Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2), die beim zuständigen Unfallversicherungsträger erhältlich ist. Zu guter Letzt sind auch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) zu beachten sowie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
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Ab wann ist ein Betriebsarzt Pflicht?
Laut Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ist die Bestellung eines Betriebsarztes bzw. einer Betriebsärztin schon ab einem/einer Mitarbeitenden Pflicht. Das bedeutet aber nicht, dass jedes Unternehmen selbst Betriebsärzt*innen einstellen muss. Für größere Unternehmen empfiehlt sich dies, aber kleinere und mittlere Unternehmen können einen freiberuflichen Arzt engagieren, der eine arbeitsmedizinische Ausbildung hat und in regelmäßigen Abständen oder anlassbezogen den Betrieb besucht. Es gibt zudem externe arbeitsmedizinische Dienste, die diese Aufgaben erfüllen können.
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Das Unternehmermodell
Die jeweiligen Berufsgenossenschaften informieren die angeschlossenen Mitgliedsbetriebe darüber, wie sie die gesetzlichen Vorgaben zur ärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung erfüllen müssen.
Bei Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten können Arbeitgeber am Unternehmermodell teilnehmen, das heißt, sie übernehmen selbst einen Teil der Aufgaben. Als Unternehmer*in müssen Sie also an Seminaren oder Fernlehrgängen teilnehmen und ggf. eine Gefährdungsbeurteilung für Ihren Betrieb erstellen. Die entsprechenden Veranstaltungen werden von den Berufsgenossenschaften angeboten.
Für die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik etwa gelten folgende Bedingungen, die sich nach der Anzahl der Beschäftigten richten.
- Regelbetreuung ohne feste Einsatzzeiten bei unter 10 Beschäftigten, die die Grundbetreuung und anlassbezogene Betreuung umfasst. Hinzu kommt die alternative bedarfsorientierte Betreuung durch Online-Fernlehrgang, Betreuung bei besonderen Anlässen und durch ein Kompetenzzentrum.
- Regelbetreuung mit festen Einsatzzeiten bei mehr als 10 Beschäftigten, die die Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung umfasst. Die alternative bedarfsorientierte Betreuung gliedert sich auf: bei unter 30 Beschäftigten mit Online-Fernlehrgang und Betreuung bei besonderen Anlässen, bei 30 bis 50 Beschäftigten zusätzlich ein Seminar.
Mitgliedsunternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten unterliegen ausnahmslos der Regelbetreuung.
Wie findet man einen Betriebsarzt?
Wollen Sie in Ihrem Betrieb einen Betriebsarzt bzw. eine Betriebsärztin fest einstellen, schalten Sie am besten eine Stellenanzeige.
Wenn Sie Ihrer Pflicht als Arbeitgeber nachkommen wollen, reicht es aber oft, einen Vertrag mit freiberuflich tätigen Ärzt*innen abzuschließen. Diese finden Sie zum Beispiel über den Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB) oder den Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). Auch eine Suche in den gelben Seiten kann zum Erfolg führen. Darüber hinaus können Arbeitgeber bei vielen Innungen oder Kreishandwerkerschaften einem Rahmenvertrag zur Betreuung beitreten, was teilweise kostengünstiger sein kann.
Welche Voraussetzungen müssen Betriebsärzt*innen erfüllen?
Betriebsärzt*innen haben nach dem regulären Medizinstudium eine umfassende fünfjährige Facharztweiterbildung absolviert. Je nach Bundesland unterscheidet sich, wie hoch der Anteil der betriebsärztlichen Weiterbildung sein muss. Konkret bedeutet das, dass angehende Betriebsärzt*innen bei ausgebildeten Arbeitsmediziner*innen arbeiten und ihre Kenntnisse erweitern müssen. Daher sind nur Ärzt*innen mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ bzw. Fachärzt*innen für Arbeitsmedizin bzw. Ärzt*innen mit der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ als Betriebsärzt*innen zugelassen.