Allgemeine Informationen zu Arbeitszeitmodellen
Unter einem Arbeitszeitmodell versteht man eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgebenden und dem Arbeitnehmenden, in der die Arbeitszeit geregelt wird. Zumeist ist dies im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag enthalten. Zu den bekanntesten Arbeitszeitmodellen gehören zum Beispiel die Schichtarbeit, Gleitzeit oder Teilzeit. Für den Arbeitgebenden ist es natürlich wichtig zu wissen, wann die Angestellten anwesend sind, denn Arbeiten müssen geplant und organisiert werden. Auf der anderen Seite wissen Angestellte dank solcher Arbeitszeitmodelle genau, was von ihnen erwartet wird. Das gibt Sicherheit – auf beiden Seiten. Es gibt verschiedene Modelle, die zu verschiedenen Aufgaben im Unternehmen passen: In einer Papierfabrik muss zum Beispiel die Schneidemaschine 24 Stunden lang am Tag von Schichtarbeitern besetzt werden, wohingegen die Marketingabteilung des Papierherstellers zu jeder Tageszeit arbeiten kann, solange die Arbeit gut und termingerecht erledigt wird. Mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen kann man den Arbeitnehmenden Flexibilität bieten und dennoch als Arbeitgebender und Unternehmer planen. Man denke zum Beispiel an Mitarbeiter*innen, die kleine Kinder haben und Kita-Zeiten berücksichtigen müssen, oder aber einen Angehörigen pflegen. An den notorischen Morgenmuffel, der dank Gleitzeit entspannter und motivierter am Arbeitsplatz erscheint. An den Manager, der nebenbei an seiner Promotion arbeitet. All dies sind gute Beispiele dafür, dass die Menschen, die in Ihrem Unternehmen arbeiten, eben auch ein Leben außerhalb der Firma haben. Dank flexibler Arbeitszeitmodelle können Sie dies berücksichtigen und tragen somit dazu bei, dass sich Mitarbeiter*innen rundum wohl und gesehen fühlen. Das wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus und reduziert Stress – einer der größten Verursacher von langfristigen krankheitsbedingten Ausfällen!
Das Basismodell: Vollzeit
Der Klassiker unter den Arbeitszeitmodellen. Mit ca. 36–40 Stunden die Woche arbeiten die Mitarbeiter*innen rund 7 bis 8 Stunden am Tag, meist 5 Tage die Woche.
Arbeitszeitmodell: Teilzeit
Hier arbeiten die Mitarbeiter*innen zumeist zwischen 20 und 30 Stunden die Woche. Das können volle Tage oder halbe Tage sein oder eine Mischung aus beiden.
Einige der Vorteile:
- Lässt sich gut mit anderen Modellen kombinieren
- Erleichtert den Wiedereinstig in den Beruf nach Auszeiten
Einige der Nachteile:
- Erhöhter Aufwand für Koordination, Kommunikation, Personalplanung
- Oft schlechtere Entwicklungsperspektiven für Mitarbeiter*innen
Geeignet zum Beispiel für:
- Fast jeden Beruf, in dem ein verkürzter Arbeitstag organisatorisch Sinn macht
Arbeitszeitmodell: Gleitzeit
Das Gleitzeitmodell legt eine Kernarbeitszeit fest. Die Mitarbeiter*innen gestalten Ihren Arbeitsalltag um die Anwesenheitspflicht herum. Das bedeutet, dass das Büro zum Beispiel grundsätzlich von 10 bis 15 Uhr besetzt sein muss. Wann die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter anfängt oder Feierabend macht bleibt ihr bzw. ihm selbst überlassen, solange die Kernarbeitszeit berücksichtig wird. So können Mitarbeiter*innen früher kommen oder später gehen – Hauptsache, sie kommen auf ihre acht Stunden pro Tag, 40 Stunden die Woche, oder eben die Anzahl der Stunden, die mit dem Arbeitgebenden vereinbart ist.
Einige der Vorteile:
- Arbeitswege können besser bewältigt werden
- Biorhythmus der Mitarbeiter*innen findet Beachtung
- Rückgang von Überstunden
- Weniger kurzfristige Fehlzeiten
Einige der Nachteile:
- Erschwert die Teamarbeit
- Gefahr von Missbrauch
Geeignet zum Beispiel für:
- Alle Mitarbeiter*innen, die relativ autonom arbeiten können und sich wenig mit Kollegen oder Kunden abstimmen müssen
Arbeitszeitmodell: Schichtarbeit
Ob in der Produktion, in Krankenhäusern, in Großbäckereien oder bei der Feuerwehr: Die Menschen, die hier arbeiten, kennen die Schichtarbeit. Es gibt verschiedene Modelle der Schichtarbeit, vom Zwei- bis zum Fünfschichtbetrieb. Bei der Zweischichtvariante gibt es meist eine Früh- und eine Spätschicht, die jeweils acht Stunden dauert. Im Dreischichtbetrieb wird rund um die Uhr gearbeitet. Vier- und Fünfschichtbetriebe arbeiten nicht nur rund um die Uhr von Montag bis Freitag, sondern auch am Wochenende, also sieben Tage die Woche.
Einige der Vorteile:
- Ausdehnung der Betriebszeiten
- Kostenoptimierung durch intensiviere Nutzung von Anlagen
- Hohe Flexibilität bei schwankender Auftragslage
Einige der Nachteile:
- Höhere Kosten durch Zuschläge
- Höhere gesundheitliche Belastung des Personals
- Größerer Koordinationsaufwand
Geeignet zum Beispiel für:
- Produktionsmitarbeiter*innen und Anlagenführer*innen
- Personal im medizinischen Bereich (Krankenhaus- und Rettungspersonal)
- Feuerwehr, Polizei, Sicherheitsdienste
Arbeitszeitmodell: Vertrauensarbeitszeit
Die Vertrauensarbeitszeit ist ein interessantes Arbeitszeitmodell. Hier bleibt es vollständig dem Personal überlassen, wann es die Arbeit antritt und wann es Feierabend macht. Hier vertrauen Vorgesetzte darauf, dass ihre Mitarbeiter*innen ihrer Arbeitspflicht ohne jedwede Kontrolle gerecht werden. Bisher wurden bei diesem Modell die Arbeitszeiten in der Regel weder kontrolliert noch erfasst. Im Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof jedoch, alle in der EU ansässigen Unternehmen dazu zu verpflichten, ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten. Dies soll vor allem dazu dienen, dass Überstunden erfasst werden können und somit die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes gewährleistet werden kann.
Einige der Vorteile:
- Weniger Fehlzeiten
- Freie Zeiteinteilung für Mitarbeiter*innen
Einige der Nachteile:
- Geringere Planbarkeit für den Arbeitgebenden
- Geringere Kontrollmöglichkeiten für den Arbeitgebenden
- Hoher Koordinationsbedarf
Geeignet zum Beispiel für:
- All diejenigen, die ihre Arbeit weitgehend souverän erledigen können, zum Beispiel Mitarbeiter*innen in Entwicklungsabteilungen, im Außendienst oder im kreativen Bereich
Arbeitszeitmodell: Arbeitszeitkonto
Auf einem sogenannten Arbeitszeitkonto können Mehr- und Minderstunden von Mitarbeiter*innen erfasst werden. Ziel bei diesem Modell ist es, dass Mitarbeiter*innen diese Konten regelmäßig ausgleichen. Hierzu muss ein verbindlicher Zeitraum festgelegt werden. In der Regel sind das Zeiträume von drei, sechs oder zwölf Monaten. Viele Unternehmen, die Arbeitszeitkonten anbieten, kombinieren diese mit den Modellen der Gleitzeit oder der Vertrauensarbeitszeit.
Einige der Vorteile:
- Mitarbeiter*innen haben mehr Flexibilität
- Unternehmen können besser auf Schwankungen in der Auftragslage reagieren.
Einer der Nachteile:
- Höherer Verwaltungsaufwand, auch um das Arbeitszeitgesetz einzuhalten.
Geeignet zum Beispiel für:
- Besonders geeignet für kleinere Betriebe, Teilzeitbeschäftigte
Arbeitszeitmodell: Jahresarbeitszeit
Dieses Modell findet vor allem in Branchen statt, die von einer Saison abhängig sind. Man denke hierbei an die Hotelbranche in Touristengebieten. Vertraglich wird eine Gesamtanzahl von Stunden für ein Jahr festgelegt. In der Saison arbeiten die Mitarbeiter*innen dann in Vollzeit und darüber hinaus; in der Nebensaison nur in Teilzeit oder überhaupt nicht.
Einer der Vorteile:
- Unternehmen können den Arbeitseinsatz langfristig steuern, ideal bei Schwankungen des Auftragsvolumens
Einer der Nachteile:
- Höhere Anforderungen an Vorgesetzte, Koordination, Planung und Kommunikation
Geeignet zum Beispiel für:
- Besonders geeignet für kleinere Betriebe, Teilzeitbeschäftigte
- Positionen, in denen eine Rufbereitschaft verlangt wird
Arbeitszeitmodell: Job-Sharing
Das Arbeitszeitmodell der Teilzeit bildet die Basis fur das Job-Sharing. Hierbei wird eine Arbeitsstelle zwischen zwei Mitarbeiter*innen geteilt. Das bedeutet, dass sich beide nach eigenem Ermessen die Stelle und damit die Aufgaben und Sollstunden teilen. 50/50 muss das aber nicht immer sein. Dieses Modell eignet sich hervorragend für Mitarbeiter*innen, die zum Beispiel Kinder haben oder betagte oder kranke Angehörige versorgen.
Einige der Vorteile:
- Mitarbeiter*innen können sich ihre Zeit frei einteilen
- Meist wird das Leistungsvermögen des Einzelnen gesteigert
- Teams arbeiten besser zusammen
Einer der Nachteile:
- Hoher Koordinationsaufwand
Geeignet zum Beispiel für:
- Berufe im Gesundheitswesen und Sozialwesen
- Führungskräfte
Arbeitszeitmodell: Home Office und Remote
Die große Freiheit: Wenn der Arbeitgebende nichts dagegen hat, dass Aufgaben im Home Office bzw. unterwegs (Remote) erledigt werden, dann teilen sich Mitarbeiter*innen in der Regel ihre Arbeitszeit selbst ein. Meist müssen sie dabei Kernarbeitszeiten berücksichtigen, um den Ablauf in der Firma nicht zu stören. Bewährt haben sich auch Kombimodelle, bei denen Arbeitnehmende einige Tage ins Unternehmen kommen und einen Tag oder zwei Tage im Home Office verbringen. So können die Vorteile beider Welten vereinbart werden. Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY hat 1000 Arbeitnehmende zum Thema befragt. 81 Prozent der Befragten haben sich für eine Kombination ausgesprochen. 38 Prozent von ihnen fanden etwa drei bis vier Bürotage gut. 7 Prozent würden ganz auf das mobile Arbeiten setzen. 19 Prozent der Befragten gaben an, dass sie zukünftig komplett auf das Homeoffice verzichten möchten.
Einige der Vorteile:
- Arbeiten aus dem Home Office spart Zeit und Fahrtkosten
- Mitarbeiter*innen können sich nach ihrem Biorhythmus richten und so – bei entsprechender Selbstdisziplin – produktiver sein
- Die Eigenverantwortung wird gestärkt und Ablenkungen werden minimiert
- Das Unternehmen leistet einen Beitrag zum Umweltschutz
Einige der Nachteile:
- Wenn gleichzeitig Kinder betreut werden – gerade auch in Pandemiezeiten – zieht das oft organisatorische Probleme nach sich
- Die Mitarbeiter*innen können sich von der Firma entfremden und umgekehrt. Vorgesetzte können schlechter Leistungen wertschätzen und weniger (bei Bedarf) unterstützend eingreifen, einfach, weil man sich nicht sieht
- Oftmals führt das Arbeiten im Home Office dazu, dass Mitarbeiter*innen (meist unbeabsichtigt) mehr Überstunden leisten. Dahinter steckt oft das Bedürfnis, dem Chef / der Chefin und den Kollegen die eigene Produktivität zu beweisen
- Weniger soziale Kontakte können zu Isolation und den damit einhergehenden Problemen führen
- Es ist komplizierter, Mitarbeiter*innen im Home Office abzusichern (z. B. Unfallversicherung)
- Die Rechtslage ist noch unklar (z. B. Arbeitsschutzbestimmungen). Auch in Sachen Datenschutz muss gewährleistet sein, dass das Home Office entsprechend den Datenschutzpraktiken des Unternehmens ausgestattet ist
Geeignet zum Beispiel für:
- Texter*innen
- Übersetzer*innen
- Lektor*innen
- Programmierer*innen in der Software-Entwicklung
- Grafikdesigner*innen
- Mediengestalter*innen
- Marketingmitarbeiter*innen
Fazit: Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung zahlt sich aus
Immer dann, wenn ein Unternehmen flexibel mit dem Personal auf Schwankungen in der Auftragslage eingehen kann, zahlt es sich in Form von Kostenoptimierung aus. Gleichzeitig bedeuten flexible Arbeitszeitmodelle aber auch glücklichere und ausgeglichenere Mitarbeiter*innen. Dadurch ergeben sich weniger kurz- und langfristige, durch Krankheit bedingte Ausfallzeiten. Wer zufrieden ist, kann leichter motiviert werden. Wer motiviert ist, leistet mehr oder besser oder beides. Wer besseres leistet, erhält mehr Anerkennung – auch von sich selbst. Dem gegenüber stehen bei fast allen Arbeitszeitmodellen höhere Aufwände für Verwaltung, Kontrolle, Kommunikation, Koordination und Planung. Aber das kann alles dank moderner IT-Lösungen automatisiert werden. Was hingegen nicht automatisiert werden kann, ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen. Es ist diese Zufriedenheit – Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Privatleben und Karriereplanung –, die für den Ruf des Unternehmens als Arbeitgeber sorgt. Ein positiver Ruf zieht automatisch die besten Kandidaten an und bindet Mitarbeiter*innen mit wertvollem Know-how ans Unternehmen. Und so schließt sich der Kreis: Flexible Arbeitszeitmodelle sind, unter anderem, ein probates Mittel im Kampf um die besten Talente am Arbeitsmarkt.