Arbeiter*innen vs. Angestellte: Was sind die Unterschiede?
Bis zur endgültigen Abschaffung der letzten gesetzlichen Unterschiede zwischen Arbeiter*innen und Angestellten spielte die Kategorisierung in vielen arbeitsrechtlichen Fragen eine entscheidende Rolle.
- Während Angestellte in erster Linie geistigen, kaufmännischen und technischen Tätigkeiten im Büro oder in der Verwaltung nachgingen, waren Arbeiter*innen vorwiegend körperlich im Einsatz.
- Angestellte bezogen ein festes Monatsgehalt, wohingegen Arbeiter*innen einen Stundenlohn erhielten.
- Die Kündigungsfristen für Angestellte hingen von den Dienstjahren ab und lagen üblicherweise zwischen 6 Wochen und 5 Monaten, während Arbeiter*innen innerhalb von maximal 14 Tagen entlassen werden konnten.
- Die Wahl innerbetrieblicher Interessenvertretungen erfolgte getrennt für Arbeiter*innen und Angestellte.
- Für die Lohnfortzahlung bei Krankheit galten unterschiedliche Regelungen.
- Es gab verschiedene Träger für die Kranken- und Rentenversicherung.
Um die Gleichstellung am Arbeitsplatz zu verbessern, wurden die Unterschiede zwischen Angestellten und Arbeiter*innen schrittweise aufgehoben. Schließlich glichen sich im Zuge der Automatisierung und der Digitalisierung auch die Arbeitsbedingungen der beiden Beschäftigungsgruppen immer weiter an. Während die physische Komponente klassischer Arbeiterberufe an Bedeutung verlor, entwickelte sich das Bedienen komplexer Maschinen zu einer geistig äußerst anspruchsvollen Tätigkeit.
Alternative Begrifflichkeiten
Aus Gründen der Gleichbehandlung wird die Bezeichnung „Arbeiter*in“ kaum mehr verwendet, da viele Beschäftigte sie als abwertend empfinden. Demgegenüber ist von Angestellten umgangssprachlich noch häufig die Rede, wenn es um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer*innen geht. Wenn es im offiziellen Kontext auf eine präzise Wortwahl ankommt, dominieren andere Begriffe:
Erwerbstätige
Als erwerbstätig im Sinne der Arbeitsmarktstatistik der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gilt jede Person ab 15 Jahren, die mindestens eine Stunde pro Woche gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbstständigen oder mithelfenden Tätigkeit arbeitet. Unter diese Definition fallen auch Personen im Mutterschutz oder während der Elternzeit, sofern sie weiterhin an ihren Arbeitgeber gebunden sind.
Arbeitnehmer*innen
Arbeitnehmer*innen verpflichten sich durch den Abschluss eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags zur Erbringung einer weisungsgebundenen und fremdbestimmten Arbeitsleistung. Damit zählen zu dieser Erwerbsgruppe weder Selbstständige noch Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber stehen, wie beispielsweise Beamt*innen, Soldat*innen oder Richter*innen.
Beschäftigte
Seit mit der Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2005 der letzte Unterschied zwischen Angestellten und Arbeiter*innen gefallen ist, wird in sämtlichen Gesetzestexten und Tarifverträgen nur noch der einheitliche Oberbegriff „Beschäftigte“ verwendet. Die Definition umfasst auch im öffentlichen Dienst beschäftigte Personen.
Ob Sie Ihre Mitarbeiter*innen im Berufsalltag lieber als Angestellte, Arbeitnehmende oder Beschäftigte bezeichnen, ist Ihren persönlichen Präferenzen überlassen. Viel wichtiger ist, dass Sie die verschiedenen Erwerbsformen und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten für Arbeitgeber kennen.
Erwerbsformen abhängig Beschäftigter
Bei den Kernerwerbstätigen, die sich weder in Ausbildung befinden noch einen Freiwilligendienst leisten, unterscheidet das Statistische Bundesamt zwischen Normalarbeitnehmer*innen und atypisch Beschäftigten. Unter dem Begriff „Normalarbeitsverhältnis“ werden alle unbefristeten Voll- oder Teilzeittätigkeiten mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 21 Stunden zusammengefasst, in deren Rahmen eine volle Integration in die sozialen Sicherungssysteme gewährleistet ist. Demgegenüber handelt es sich in folgenden Fällen um atypische Arbeitsverhältnisse:
Befristete Beschäftigung
Befristete Arbeitsverträge werden für einen festgelegten Zeitraum (z. B. ein Jahr), bis zu einem gewissen Zeitpunkt (z. B. bis zum 31.12.) oder für einen bestimmten Zweck (z. B. als Elternzeitvertretung) abgeschlossen. Sie enden ohne Kündigung zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt.
Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 21 Arbeitsstunden pro Woche
Arbeitnehmer*innen haben ihr Recht auf Teilzeit geltend gemacht, wenn sie regelmäßig kürzer arbeiten, als es die betriebliche Regelarbeitszeit vorsieht. Sondermodelle wie Altersteilzeit ermöglichen älteren Arbeitnehmer*innen einen graduellen bzw. frühzeitigen Übergang vom Erwerbsleben in die Rente.
Geringfügige Beschäftigung
Um sogenannte Minijobs handelt es sich laut Sozialgesetzbuch, wenn das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung regelmäßig unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist.
Zeitarbeit
Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sind Beschäftigte nicht in Ihrem Unternehmen, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt, die ihre Sozialversicherungsbeiträge entrichtet und die Gehälter auszahlt. Durch passende Leiharbeiter*innen lassen sich Produktionsspitzen und saisonale Schwankungen flexibel und zu vorhersehbaren Kosten ausgleichen.
Darüber hinaus sieht das Arbeitsrecht weitere besondere Beschäftigungsformen vor, damit Arbeitgeber flexibel auf die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen in ihrem Unternehmen reagieren können:
Berufsausbildung
Unter bestimmten Voraussetzungen kann Ihr Unternehmen Ausbildungsbetrieb werden. Indem Sie Nachwuchskräfte ausbilden, sichern Sie nicht nur den Fortbestand Ihres Betriebs, sondern legen den Grundstein für einen festen Stamm von Mitarbeitenden, die über spezifische Kenntnisse verfügen und sich seit dem Beginn ihrer Karriere mit den Zielen und Werten Ihrer Organisation identifizieren. Darüber hinaus ist eine Übernahme geeigneter Azubis häufig günstiger als die externe Personalbeschaffung.
Praktikum
Praktika bieten Arbeitgebern eine preiswerte Möglichkeit, künftige Mitarbeiter*innen kennenzulernen und deren Fähigkeiten über einen begrenzten Zeitraum zu testen. Auf diese Weise können talentierte Fachkräfte bewusst gefördert und frühzeitig gebunden werden. Beachten Sie, dass je nach Praktikantenverhältnis unterschiedliche gesetzliche Regelungen gelten. Viele Praktikant*innen sind arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer*innen einzustufen und haben Anspruch auf eine angemessene Praktikumsvergütung, Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Heimarbeit
Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist Heimarbeit kein Synonym für eine Tätigkeit im Homeoffice. Heimarbeiter*innen können ihre Arbeitsstätte frei wählen und sind weder zu einer kontinuierlichen noch zu einer weisungsgebundenen Arbeitsleistung verpflichtet. Dennoch werden Heimarbeiter*innen als arbeitnehmerähnliche Personen eingestuft, da sie häufig nur für einen Auftraggeber tätig sind. Die besonderen Schutzvorschriften für diese Berufsgruppe regelt das Heimarbeitsgesetz (HAG). Wenn Heimarbeiter*innen ihre Aufgaben mithilfe elektronischer Datenverarbeitungsanlagen erledigen und durch elektronische Kommunikationsmittel mit ihrem Auftraggeber verbunden sind, spricht man auch von Telearbeit.
Unternehmen setzen häufig auf Remote-Arbeit, um Miet- und Betriebskosten zu reduzieren. Dass geografische Faktoren keine Rolle spielen, ermöglicht internationales Recruiting und eine Zusammenarbeit mit Fachkräften auf der ganzen Welt. Zudem lassen sich durch den hohen Grad an Selbstbestimmung die Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit steigern, was der Produktivität im gesamten Unternehmen zugutekommt.
Freie Mitarbeit
Unter freier Mitarbeit versteht sich die selbstständige unternehmerische Tätigkeit einer Person für ein fremdes Unternehmen. Meist liegt der Betätigung ein Dienst- oder Werkvertrag zugrunde. Die Regelungen des Arbeitsrechts finden keine Anwendung, da es sich bei Selbstständigen nicht um Arbeitnehmer*innen handelt. Schließlich können sie ihren Berufsalltag eigenverantwortlich gestalten und frei über ihre Arbeitszeit bestimmen. Sie sind weder weisungsgebunden noch in den Betrieb ihres Auftraggebenden eingegliedert.
Freie Mitarbeit vs. Angestelltenverhältnis
Sie haben den historischen Unterschied zwischen Arbeiter*innen und Angestellten verstanden und die verschiedenen Erwerbsverhältnisse kennengelernt. Doch welche Beschäftigungsformen eignen sich am besten für Ihr Unternehmen? Zur Klärung dieser Frage sollten Sie zunächst überlegen, ob Sie vermehrt auf abhängige Arbeitsverhältnisse oder auf die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeiter*innen setzen möchten.
Vorteile von freien Mitarbeiter*innen
Von der Auslagerung einiger Aufgaben an Selbstständige können Unternehmen in vielerlei Hinsicht profitieren:
Flexibilität
Freie Mitarbeiter*innen können nur vorübergehend oder projektbezogen eingesetzt werden, ohne langfristige Verpflichtungen einzugehen.
Kostenersparnis
Im Gegensatz zu Festangestellten haben freie Mitarbeiter*innen keinen Anspruch auf Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auch die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitgeber entfallen.
Weniger Bürokratie
Freie Mitarbeiter*innen sind für ihre Steuern und Versicherungen selbst verantwortlich, was den administrativen Aufwand für Arbeitgeber verringert.
Kein Kündigungsschutz
Kündigungsrichtlinien und Schutzvorschriften gelten bei freier Mitarbeit nicht. Auch Abfindungen müssen ohne vertragliche Vereinbarung nicht geleistet werden.
Vorteile von abhängig Beschäftigten
Doch auch für Festanstellungen sprechen einige gute Gründe:
Kontinuität
Während freie Mitarbeiter*innen ihre Auftraggebenden häufiger wechseln und ihre Kompetenzen wieder mitnehmen, können auf Dauer angelegte Beschäftigungsverhältnisse zu einem stabilen Unternehmenswachstum und dem schrittweisen Aufbau von internem Fachwissen beitragen.
Kontrolle
Im Sinne der Weisungsgebundenheit bestimmen Sie als Arbeitgeber, wie, wann und wo eine abhängige Tätigkeit auszuführen ist. Bei freier Mitarbeit haben Sie diesbezüglich kein Mitspracherecht.
Loyalität
Ein festes Beschäftigungsverhältnis schafft Arbeitssicherheit und kann die Mitarbeiterbindung verbessern. Arbeitnehmer*innen, die sich keine Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen müssen, können sich mit vollem Einsatz für die Unternehmensziele engagieren.
Schutz vor rechtlichen Risiken
Eindeutige arbeitsrechtliche Regelungen reduzieren das Risiko, dass Arbeitsverhältnisse falsch bewertet oder eingestuft werden. Erfüllt eine freie Mitarbeit beispielsweise den Tatbestand einer Scheinselbstständigkeit, können die finanziellen Auswirkungen für Arbeitgeber verheerend sein.
5 Tipps für Festanstellungen
Sie glauben, dass abhängig Beschäftigte besser zu Ihrem Unternehmen passen als freie Mitarbeiter*innen? Dann möchten wir Ihnen abschließend noch ein paar Recruiting-Tipps mit auf den Weg geben:
1. Gezielte Stellenanzeigen schalten
Verfassen Sie detaillierte und ansprechende Stellenanzeigen, indem Sie Anforderungen, Aufgaben und Vorteile der Position unmissverständlich beschreiben. Nutzen Sie relevante Jobportale, soziale Medien und Ihre eigene Website, um die Reichweite Ihrer Jobangebote zu maximieren.
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2. Mitarbeiterempfehlungen nutzen
Motivieren Sie Ihre bestehende Belegschaft, geeignete Kandidat*innen aus ihrem beruflichen oder privaten Netzwerk vorzuschlagen. Empfehlungsprogramme mit Prämien oder anderen Anreizen können die Qualität und Passgenauigkeit der Bewerbungen erhöhen.
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3. Cultural Add prüfen
Achten Sie bei der Auswahl neuer Mitarbeiter*innen nicht nur auf ihre fachlichen Qualifikationen, sondern auch darauf, ob die Fachkräfte Ihre Unternehmenskultur ergänzen.
Lange Zeit wurde Personalfachkräften empfohlen, auf die kulturelle Passung oder den Cultural Fit von Talenten zu achten. So sollte sichergestellt werden, dass neue Mitarbeitende gut ins Unternehmen passen. Das hatte allerdings zur Folge, dass Menschen mit neuen Ideen oder anderen Perspektiven oft von vorneherein ausgeschlossen wurden. Mittlerweile sind viele Expert*innen der Ansicht, dass eine möglichst heterogene Belegschaft und eine diverse Unternehmenskultur den Erfolg und die Innovationskraft von Unternehmen erhöhen. Deshalb sollten Sie sich für Talente entscheiden, die Ihre Unternehmenskultur bereichern und ergänzen.
4. Starke Arbeitgebermarke aufbauen
Positionieren Sie Ihr Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber, um geeignete Bewerber*innen anzuziehen und langfristig zu binden. Die Gunst der Jobsuchenden sichern Sie sich unter anderem, indem Sie flexible Arbeitszeitmodelle anbieten oder in Personalentwicklungsmaßnahmen investieren.
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5. Onboarding optimieren
Stellen Sie sicher, dass neue Mitarbeiter*innen durch Schulungen, Mentoring und 30-60-90-Pläne zügig und umfassend in Ihr Unternehmen integriert werden. Ein strukturiertes Onboarding kann die Einarbeitungszeit verkürzen und die Basis für langfristiges Wohlbefinden am Arbeitsplatz liefern.
Ob Selbstständige, Minijobber*innen, Praktikant*innen oder Azubis, in Zeiten des Fachkräftemangels kommt es weniger auf die Art des Beschäftigungsverhältnisses an als vielmehr auf die Tatsache, dass Sie überhaupt passende Talente für Ihr Unternehmen finden und durch geeignete Erwerbsformen langfristig an Ihren Betrieb binden. Wo vor nicht allzu langer Zeit noch Unterschiede zwischen Angestellten und Arbeiter*innen gemacht wurden, steigt die Wertschätzung für den Erfolgsfaktor Mensch mit all seinen individuellen Bedürfnissen.