ChatGPT und KI im Allgemeinen verändern die Welt von HR und Recruiting. Doch ist Automatisierung wirklich die Lösung für alle Belange in einer Branche, die sich so sehr mit Menschen befasst? Gemeinsam mit dem Branchenexperten Matt Burney sehen wir uns einige Herausforderungen für Recruiter*innen an, die mit neuer KI-Technologie arbeiten möchten. Außerdem werfen wir einen Blick darauf, was die Zukunft bereithält.
Was ChatGPT kann – und was nicht
Bei ChatGPT handelt es sich um ein Sprachmodell, mit dem Recruiter*innen „menschlich“ klingenden Text generieren können. Sie müssen sich allerdings im Klaren darüber sein, dass es kein Wissensmodell ist. Das bedeutet, dass Nutzer*innen die im Text bereitgestellten Informationen dennoch auf Korrektheit überprüfen müssen. Wenn Sie Inhalte zu Ihrer Arbeitgebermarke schreiben, ist dies sehr wichtig.
So hat ChatGPT sowohl für Recruiter*innen als auch für Kandidat*innen Vor- und Nachteile. Verarbeitungs-Tools für natürliche Sprache wie ChatGPT sind für die Zwecke von Recruiter*innen relativ neu, doch richtig eingesetzt könnten sie für Ihre Prozesse eher nützlich als hinderlich sein.
Die Recruitinglandschaft und GPT-Sprachmodelle
Recruiter*innen haben viele Möglichkeiten, ihre Prozesse mithilfe eines Sprachmodells wie ChatGPT zu optimieren. Dazu gehören beispielsweise Aufforderungen, eine Stellenbeschreibung, eine Stellenanzeige oder Fragen für ein Vorstellungsgespräch zu schreiben.
Auf eine Aufforderung wie „Erstelle 10 Fragen für ein kompetenzbasiertes Vorstellungsgespräch“ hin gibt das KI-Tool einige Lösungen in Textform aus. Darüber hinaus können damit beliebte Keywords für eine Stellenbeschreibung oder -anzeige generiert werden, mit denen geeignete Kandidat*innen eventuell besser erreicht werden.
Da Unternehmen auf einem zunehmend globalisierten Markt stärker im Wettbewerb miteinander stehen, ist es wenig verwunderlich, dass Recruiter*innen neue Tools für die Optimierung ihrer Prozesse nutzen müssen. Wir haben herausgefunden, dass der Aufbau eines Netzwerks aus Talenten eine gute Möglichkeit ist, neue Mitarbeiter*innen in einem Talentpool zu finden, der kleiner als erwartet ist. Hier könnte Ihnen Recruiting mit KI helfen, wettbewerbsfähiger zu werden.
Die Entwicklung dieser Apps hilft Recruiter*innen, da diese stets Abläufe automatisieren möchten. Laut Matt Burney, Senior Strategic Advisor bei Indeed und KI-Experte, können Sie mit der Nutzung von KI-Sprachmodellen für HR-Prozesse unter Umständen ungefähr 35 % Ihrer wöchentlichen Zeit sparen. Bereits jetzt sehen wir, dass Automatisierung im Allgemeinen Unternehmen vor Überlastung durch wachsende HR-Datensammlungen schützt. Beachten Sie jedoch, dass eine umfassende Automatisierung Recruiter*innen und HR-Mitarbeiter*innen dazu verleiten könnte, mehr Aufgaben mit weniger Einsatz erledigen zu wollen.
Wo kann ein Verarbeitungsmodell für natürliche Sprache für Recruiter*innen noch nützlich sein – abgesehen vom Schreiben von Texten zur Arbeitgebermarke und von Stellenanzeigen? Matt Burney sagt Folgendes über ChatGPT:
[Das Tool] kann zur Verarbeitung einer großen Menge unstrukturierter Daten verwendet werden [...] zum Beispiel von Vorstellungsgesprächen. Es gibt nur wenige einheitliche Methoden, ein Vorstellungsgespräch zu führen – alle Interviewer*innen haben individuelle Herangehensweisen.
Wenn Sie diese Vorstellungsgespräche mit einem Sprachmodell analysieren, sollten Sie sich Notizen machen und diese strukturieren, damit Sie verstehen, was gut funktioniert hat. So können Sie schnell nachvollziehen, wer Vorstellungsgespräche gut oder schlecht führt und wie verschiedene Menschen und Verhaltensweisen aussehen.
Allerdings hat es potenziell Folgen, wenn Sie unstrukturierte Daten für Drittanbieter wie ChatGPT freigeben. Das Hauptproblem ist die Frage, wie diese Informationen nach der Eingabe genutzt werden.
Wenn Sie eine Tabelle Ihres Unternehmens als Schreibaufforderung in ein Sprachmodell eines Drittanbieters hochladen, wissen Sie nicht, wie diese Informationen jetzt oder in Zukunft weiterverarbeitet werden.
Potenzielle Compliance-Probleme und ChatGPT
Ihr Unternehmen wird anfällig für mögliche Datenlecks und Compliance-Probleme rund um den Datenschutz. Matt Burney gibt folgenden Ratschlag: Bei der Nutzung eines GPT-Modells sollten Sie keine personenbezogenen Daten und Unternehmensinformationen eingeben. Ich habe schon Aussagen wie diese gehört: „Ich habe eine große Tabelle in eines dieser Tools eingegeben.“ Wem gehören diese Daten jetzt?
Das sind Daten zu Ihrem Unternehmen, Ihren Geschäftsbedürfnissen, Ihrem Nachfrageplan, Ihren Finanzen etc. Das Risiko hierbei ist ziemlich deutlich erkennbar. Und vermutlich haben Sie bei der Compliance die größten Probleme mit der DSGVO.
Daher muss Personal, das Sprachmodelle nutzt, gut über Compliance, Datenschutz und die DSGVO informiert sein.
Ein Beispiel ist der bekannte Fall, bei dem Angestellte von Samsung aus Versehen Quellcodedaten sowie Besprechungsnotizen über ChatGPT veröffentlicht haben, wie auf Giga berichtet. Erkenntnissen von datenschutzexperte.de zufolge wird in Deutschland in der Rechts- und Technologiebranche viel diskutiert, ob ChatGPT mit der DSGVO vereinbar ist. Privatnutzer*innen oder Unternehmen sollten bei der Verwendung sehr vorsichtig sein.
Eine mögliche Lösung für Unternehmen ist die Entwicklung eigener KI-Tools zur Verwaltung unstrukturierter Daten mit einem Walled Garden, damit kein Datenleck entsteht. So verbleiben alle Daten in der unternehmenseigenen Datenbank und sind für Dritte nicht verfügbar.
Ein weiterer Tipp lautet, keine Informationen aus Personalbewertungen, Kundendaten oder vertraulichen Unternehmensinformationen als ChatGPT-Aufforderungen zu verwenden. Schalten Sie immer einen Menschen dazwischen.
Welche Folgen hat es, dass Kandidat*innen ChatGPT zur Erstellung von Bewerbungen verwenden?
Es scheint bereits schwierig zu werden, eine von einem Menschen verfasste Bewerbung von einer durch ChatGPT geschriebenen zu unterscheiden. Doch beim Vorstellungsgespräch zeigt sich, ob die Bewerbung die Person und ihre Kommunikationsfähigkeit tatsächlich richtig abbildet. Eventuell scheitern Bewerber*innen an dieser Stelle.
Matt Burney versteht Bewerber*innen, die ohne die Schreibhilfe durch KI-Sprachmodelle Schwierigkeiten haben, zu Vorstellungsgesprächen eingeladen zu werden. Er merkt jedoch an, dass es möglicherweise effektiver ist, diese Tools als „Co-Piloten“ einzusetzen, als sie die gesamte Bewerbung erstellen zu lassen.
Laut ihm ersetzen diese Modelle nichts, was Sie nicht selbst können. KI-Tools dienen lediglich als Hilfestellung, um Probleme zu finden, die Sie möglicherweise übersehen haben. So können diese Tools beim Umformulieren, dem Hinzufügen von Keywords etc. unterstützen.
Aus der Sicht von Recruiter*innen könnte es zudem sinnvoll sein, Bewerber*innen herauszufiltern, die bei ihrer Bewerbung ein Tool wie ChatGPT verwendet haben. So können Personen, deren Bewerbungen nicht ihre Fähigkeiten abbilden, vor einem potenziellen Vorstellungsgespräch aussortiert werden. Dies könnte wiederum Zeit und Geld sparen.
Eventuell möchten Recruiter*innen stattdessen auch einen Kompromiss mit den Bewerber*innen eingehen. So könnten sie Bewerbungen akzeptieren, die mithilfe von ChatGPT bearbeitet, aber nicht vollständig von dem Tool geschrieben wurden. Diese bilden die Kommunikationsfähigkeit der Talente dennoch ab.
Arbeitgebermarke und ChatGPT
Eine weitere wichtige ethische Frage für Unternehmen ist das Image ihrer Arbeitgebermarke, das durch ChatGPT entstehen kann und möglicherweise ihr Unternehmen nicht korrekt darstellt. Beim Recruiting kann dies zum Problem werden, wenn potenziell interessierte Kandidat*innen keinen klaren Eindruck von Ihrem Unternehmen bekommen.
Matt Burney schlägt Arbeitgebern vor, zu überprüfen, ob der KI-Text etwas darüber aussagt, wofür sie als Unternehmen stehen, oder ob es sich nur um Buzzwords handelt, die Personen überzeugen sollen.
Die Zukunft von KI im Recruiting
Was müssen Recruiter*innen in Zukunft also beachten, wenn sie sich dafür entscheiden, ihre Recruitingprozesse zu automatisieren? Sie müssen sich der Folgen bewusst sein. Matt Burney beschreibt dieses Problem als GIGO-Prinzip bzw. als „Garbage In, Garbage Out“, das heißt: Wo man Müll hineinsteckt, kommt auch Müll heraus. Außerdem betont er:
Denken Sie darüber nach: Wenn Sie etwas Falsches eingeben, ist das Ergebnis schlecht; wenn Sie etwas Richtiges eingeben, ist das Ergebnis gut. Allerdings müssen Sie auch bedenken, wann, warum und wie Sie etwas tun.
Das Recruiting hat ein sehr menschliches Element, das nicht vernachlässigt werden darf. Wir müssen bei der Erstellung und Einführung neuer Tools darauf achten, dass sie die Automatisierung von Prozessen und das Schaffen von mehr Zeit zum Ziel haben. So können wir Personen die Möglichkeit bieten, den menschlichen Teil der Arbeit zu leisten.
ChatGPT ist das, was Recruiter*innen daraus machen
Da ChatGPT viele Lösungen für Herausforderungen bietet, vor denen Recruiter*innen stehen, wird dieser Artikel folgendermaßen zusammengefasst: Die Qualität eines KI-Produkts hängt sehr von den eingegebenen Informationen ab. Es ist wichtig, das Personal für die korrekte und den Vorschriften in Bezug auf Daten entsprechende Verwendung zu schulen, damit Sie die immer weiter verbreiteten Tools optimal nutzen können.