Wie wird sich der Arbeitsmarkt 2024 entwickeln? Was sollten Arbeitgeber bei der Planung ihrer Recruiting-Strategien für das nächste Jahr beachten? Diesen erfolgsentscheidenden Fragen sind die Arbeitsmarkt-Expert*innen vom Indeed Hiring Lab im „Jobs & Hiring Trends Report 2024“ auf den Grund gegangen. Im folgenden Artikel lernen Sie die fünf bedeutendsten Trends für das neue Jahr kennen und erfahren, wie Sie die zukunftsweisenden Erkenntnisse für das Wachstum und den Erfolg Ihres Unternehmens nutzen können.

5 Trends für Arbeitsmarkt und Recruiting 2024

Für die deutsche Ausgabe des Indeed-Trendreports hat die promovierte Sozialwissenschaftlerin Annina Hering fünf elementare Entwicklungen identifiziert. Ihre Ergebnisse und Prognosen basieren auf einer umfassenden Analyse von Stellenanzeigen und Suchanfragen sowie auf einer ausführlichen Auswertung wissenschaftlicher Untersuchungen. Das Wichtigste vorweg: Trotz der vielen kurz- und langfristigen Herausforderungen ist die erfahrene Hiring-Lab-Expertin optimistisch. „Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich auch in den vergangenen Krisenjahren als erstaunlich stabil erwiesen“, bestätigt Hering. Zeit zum Ausruhen bleibt für Arbeitgeber allerdings nicht. Vor allem bei den fünf Kernthemen des Trendreports ist im nächsten Jahr dringender Handlungsbedarf geboten …

Trend 1: Fachkräftemangel in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen

Ein turbulentes Jahr liegt hinter uns. Die Weltwirtschaft leidet unter den zahlreichen Krisen. Deutschland befindet sich in der Rezession. Die hohe Inflation lässt die Konsumausgaben sinken, Zinsanhebungen dämpfen die Nachfrage zusätzlich. Wenn die Konjunktur schwächelt, reagieren Unternehmen für gewöhnlich mit Entlassungen, Budgetkürzungen und strengen Kostensenkungen. Aber bringt dieser traditionelle Ansatz in Zeiten des Fachkräftemangels überhaupt noch den gewünschten Erfolg? Sollte angesichts des demografischen Wandels nicht alles getan werden, um neue Mitarbeitende zu gewinnen und dauerhaft ans Unternehmen zu binden?

Kurzfristig Kosten sparen oder langfristig investieren? Diese beiden gegensätzlichen Entwicklungen in Einklang zu bringen, darin sieht Annina Hering die größte Herausforderung für Arbeitgeber im Jahr 2024. Als Beispiel führt die Arbeitsmarktexpertin die Willkommensprämie für neue Mitarbeitende an, die noch vor Kurzem zum Standardangebot im Recruiting zählte. „Aktuell sind finanzielle Anreize wieder deutlich seltener in Stellenanzeigen zu finden, weil sie akuten Budgetkürzungen zum Opfer fielen.“ Doch Hering warnt Arbeitgeber davor, an der falschen Stelle zu sparen. „Wenn der Fachkräftemangel auf eine schwache Wirtschaft trifft, sind kurzfristige Sparmaßnahmen oft keine nachhaltige Lösung. Gerade in Krisenzeiten kann es sich für Unternehmen auszahlen, wenn sie langfristig in geeignete und motivierte Mitarbeiter*innen investieren.“

Trend 2: Internationalisierung als Antwort auf den Fachkräftemangel

Unternehmen, die den Fachkräftemangel strategisch angehen möchten und nach langfristigen Lösungsmöglichkeiten suchen, werden laut Annina Hering um eine Internationalisierung der eigenen Belegschaft nicht herumkommen. Der alternde deutsche Arbeitsmarkt ist auf Einwanderung aus anderen Ländern angewiesen, um den Bedarf an neuen Talenten zu decken. Die Indeed-Expertin rät dazu, diesen Trend schnellstmöglich anzugehen und sich Gedanken über die konkrete Umsetzung im Unternehmen zu machen. „Internationalisierung ist keine Ad-hoc-Maßnahme, sondern ein langer Prozess, der viel Einsatz und Veränderungsbereitschaft bei allen Beteiligten erfordert. Es genügt nicht, die internationalen Fachkräfte umfassend in den Arbeitsalltag zu integrieren. Auch die bestehenden Mitarbeiter*innen dürfen dabei nicht auf der Strecke bleiben.“

Annina Hering untermalt den Handlungsbedarf am Beispiel von Sprachkenntnissen. „Ein Unternehmen ist nicht schon allein deswegen international, weil ein paar der Beschäftigten kein Deutsch können“, mahnt die Sozialwissenschaftlerin. Damit sich die ausländischen Talente fernab ihrer Heimat wohlfühlen und eine Bindung zu ihren neuen Kolleg*innen und damit auch zum Unternehmen aufbauen können, muss die bisherige Belegschaft mit interkulturellen Trainings oder Sprachkursen auf die Ankunft der Neuzugänge vorbereitet werden. Schließlich ist ohne gegenseitiges Verständnis keine produktive Zusammenarbeit möglich. Annina Hering hält die Internationalisierung für eine äußerst komplexe Aufgabe, die oft eine Anpassung der gesamten Unternehmenskultur verlangt. Trotzdem ist sich die Indeed-Expertin sicher: „Arbeitgeber, die sich der Herausforderung stellen, profitieren 2024 definitiv von einem Wettbewerbsvorteil.“

Trend 3: Künstliche Intelligenz zur Bewältigung des Fachkräftemangels

Künstliche Intelligenz wird auf dem deutschen Arbeitsmarkt häufig als Bedrohung empfunden. Viele Menschen haben Angst, von AI-Tools ersetzt zu werden und ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Annina Hering hält diese Befürchtungen für ungerechtfertigt. Die Wissenschaftlerin appelliert, künstliche Intelligenz vor allem als Chance zu begreifen. „Natürlich wird es auf Dauer kaum ein Jobprofil geben, das komplett ohne AI auskommt. Aber kann sich das in Zeiten des Fachkräftemangels nicht als Vorteil erweisen?“

Wenn KI-Technologien die Mitarbeiter*innen von Routinetätigen entlasten, werden mehr Kapazitäten für die wirklich wichtigen Aufgaben frei, die menschliche Intelligenz zwingend voraussetzen. Abläufe können optimiert und das generelle Arbeitstempo erhöht werden. So sind Unternehmen in der Lage, schneller auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren. Doch nicht nur die Effizienz, auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen lässt sich mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz verbessern. Wenn repetitive Aufgaben wegfallen, empfinden viele Beschäftigte die eigene Tätigkeit wieder als sinnvoller und erfüllender. Mit der Arbeitszufriedenheit steigt dann in der Regel auch die Motivation der Belegschaft.

Doch bevor Arbeitgeber in Deutschland von den vielen Vorteilen künstlicher Intelligenz profitieren können, müssen laut Annina Hering zunächst die Grundvoraussetzungen geschaffen werden. „In vielen Unternehmen scheitert die Einführung von AI bereits an der nicht vorhandenen Digitalisierung. Um deutsche Arbeitsplätze KI-fit zu machen und international nicht den Anschluss zu verlieren, ist 2024 ein großer Kraftakt nötig.“

Trend 4: Hybridarbeit als neuer Standard

„Dass räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten weder die Produktivität noch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden beeinträchtigt, wurde während der Pandemie in vielen Bereichen deutlich,“ erklärt Annina Hering. „Im Gegenteil: Beschäftigte im Homeoffice profitieren von einer besseren Work-Life-Balance, sind häufig zufriedener und motivierter.“ Darüber hinaus haben Unternehmen, die ihnen Beschäftigten flexible Arbeitsmodelle ermöglichen, oft mehr Erfolg beim Recruiting neuer Talente. Schließlich zeigen die Suchanfragen auf Indeed deutlich, dass Homeoffice und Hybridarbeit bei der Wahl des Arbeitgebers eine entscheidende Rolle spielen. „Vor allem Frauen und Familien können von flexiblen Arbeitsmodellen profitieren,“ so Hering. 

Angesichts dieser zahlreichen Vorteile findet die Arbeitsmarktexpertin umso beunruhigender, dass einige Unternehmen beim Thema Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben einen Schritt zurück machen. Mitarbeiter*innen werden wieder vermehrt zurück ins Büro zitiert, die Zahl der verpflichtenden Präsenztage steigt. „Dabei bin ich der festen Überzeugung, dass Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten zurück an den traditionellen Arbeitsplatz zwingen, über kurz oder lang Mitarbeitende verlieren werden. Und in Zeiten von demografischem Wandel und Fachkräftemangel kann sich das eigentlich kein Unternehmen leisten,“ warnt Hering. Für die Sozialwissenschaftlerin ist Hybridarbeit im Grunde genommen gar kein Trend mehr, sondern eine neue Realität, an der kein Weg vorbeiführt. Wenn Arbeitgeber erst die vielen Vorzüge flexibler Arbeitsmodelle in Bezug auf Effizienz und Mitarbeiterzufriedenheit erkennen, können sie ihre Angst vor einem eventuellen Kontrollverlust beruhigt ablegen. 

Trend 5: Fähigkeiten vor Abschlüssen: Top-Chancen für einen Quereinstieg

Schon jetzt zwingt der Fachkräftemangel die Arbeitgeber in verschiedenen Bereichen zu mehr Flexibilität. Dass Bewerber*innen alle Anforderungen einer Stellenanzeige zu 100 Prozent erfüllen, ist laut Annina Hering mittlerweile die absolute Ausnahme. Wenn es das Berufsbild zulässt, kann es sich sogar auszahlen, beim Recruiting neuer Talente vom traditionellen Weg der Fachqualifikationen, Zeugnisse und Zertifizierungen abzuweichen. „Mit ihrer Offenheit für Quereinsteigende können Unternehmen nicht nur weitere Zielgruppen erschließen, sondern sich zudem als attraktiver und moderner Arbeitgeber positionieren,“ ermutigt die Expertin.

Doch wie lässt sich sicherstellen, dass Personen ohne dezidierte Ausbildung den Anforderungen einer bestimmten Position tatsächlich gewachsen sind? Annina Hering empfiehlt, im Vorstellungsgespräch vor allem darauf zu achten, ob die Kandidat*innen zur Unternehmenskultur passen und die relevanten Soft Skills für die Tätigkeit mitbringen. Eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Quereinstiegs spielt auch das Onboarding. Klassische Eingliederungsmaßnahmen sind bei Personen ohne fachliche Vorkenntnisse meist nicht ausreichend. Stattdessen sollten Unternehmen in ein intensives Training on the Job investieren, um die Talente umfassend auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten und ins Team zu integrieren.

Der Einsatz lohnt sich. Laut Annina Hering stellen Quereinsteigende für deutsche Unternehmen ein großes Potenzial dar, das in der Vergangenheit noch nicht ausreichend genutzt wurde. Und wenn Menschen eine Chance bekommen, ihrer wahren Leidenschaft nachzugehen, wird dieser Vertrauensvorschuss in aller Regel mit viel Motivation, Loyalität und einer Extraportion Einsatzbereitschaft belohnt.

Fachkräftemangel nicht aus dem Fokus verlieren

„Auch 2024 bleibt Deutschland ein Arbeitnehmermarkt und es wird mehr offene Stellen als geeignete Bewerber*innen geben. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen weiterhin gut überlegen, wie sich neue Talente begeistern und bestehende Beschäftigte dauerhaft binden können,“ fasst die Indeed-Expertin Hering die Ergebnisse des Trendreports zusammen. „Vorübergehende Unsicherheiten dürfen nicht dazu führen, dass fortwährende Baustellen wie der Fachkräftemangel aus dem Fokus geraten. Mit kreativen Maßnahmen und viel Mut zur Flexibilität sollten Unternehmen auch und gerade in wirtschaftlich instabilen Zeiten weiterhin in die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden investieren. Wenn Unternehmen der Spagat zwischen kurzfristigen Kostensenkungen und langfristigen Investitionen gelingt, sind sie bestens für kommende Herausforderungen gewappnet und bleiben dauerhaft auf Erfolgskurs.“

Den vollständigen Report gibt es auf der Indeed Hiring Lab Webseite.