Definition: Was bedeutet „hybrides Arbeiten“?
Kurz gesagt versteht man unter hybridem Arbeiten, dass Arbeitnehmer*innen einen Teil ihrer Arbeit nicht an einem festen Arbeitsplatz ausüben, sondern von zu Hause oder anderen Orten aus. Je nach den Anforderungen ihres Aufgabengebiets wechseln sie flexibel zwischen verschiedenen Arbeitsumgebungen und haben insgesamt mehr Einfluss darauf, wann, wo und wie sie arbeiten. Daraus ergeben sich für moderne Arbeitskonzepte sowohl vielfältige Chancen als auch einige Herausforderungen.
Was macht einen hybriden Arbeitsplatz aus?
Man könnte sagen, dass das hybride Arbeitsmodell eher mitarbeiter- als standortorientiert ist. Im klassischen Verständnis hatten die Beschäftigten ihren festen Arbeitsplatz in der Regel ihr Büro. Inzwischen hat sich dies verändert, weil viele Beschäftigte ihre Arbeitsumgebung mehr oder weniger frei wählen können, zum Beispiel innerhalb des Unternehmens an flexiblen Workstations oder auch remote. Die entsprechenden Voraussetzungen im Hinblick auf eine sichere Zusammenarbeit und Kommunikation werden durch die entsprechende Hard- und Software gewährleistet. Die Mitarbeitenden können dann von überall her auf die Daten und Tools zugreifen, die sie benötigen, um ihre Aufgaben zu erledigen.
Herausforderungen bei hybriden Arbeitsformen
Eine Studie von Indeed und Appinio (2021) hat gezeigt, dass im Pandemiejahr 2020 rund 33 Prozent der Arbeitnehmer*innen im Homeoffice arbeiteten. 67 Prozent aller Befragten, die grundsätzlich im Homeoffice arbeiten können, wünschen sich auch nach Ende der Pandemie eine Hybrid-Lösung.
Allerdings wurde inzwischen in mehreren Untersuchungen deutlich, dass es unter anderem darauf ankommt, die richtige Dosis für hybrides Arbeiten zu finden. Die Universität St. Gallen konnte etwa durch die St. Galler Längsschnittstudie zu New Work und Culture aufzeigen, dass zwei bis drei Tage Homeoffice pro Woche bezogen auf Leistung, Wohlbefinden sowie die Erholung von Mitarbeitenden und Führungskräften am wirksamsten sind. Die Ergebnisse fielen deutlich schlechter aus, wenn weniger Möglichkeiten zum Arbeiten im Homeoffice geboten wurden – in signifikantem Umfang allerdings auch, wenn mehr als drei Tage Homeoffice pro Woche geleistet werden mussten.
Im letzteren Fall vermissen die Beschäftigten vor allem den Austausch und das Networking, insbesondere die informellen Gespräche mit Kolleg*innen. Denn dies kann sogar zu psychischen Problemen aufgrund von Vereinsamung und Isolation führen. Zudem sind viele Führungskräfte nicht ausreichend gewappnet für die Aufgabe, ihr Team virtuell zu führen, was zu Stress und Überforderung auf beiden Seiten führen kann. Mitarbeitende kämpfen teilweise auch mit dem Spannungsfeld zwischen Teamwork und Selbstorganisation. Ein hoher Anteil an virtueller Arbeit kann zu „digitaler Fatigue“ und Erschöpfung führen, bis hin zum Burnout, wenn Mitarbeitende nicht gelernt haben, sich ausreichend abzugrenzen.
Außerdem zeigt sich, dass der Anteil von Innovationen zurückgehen kann, wenn es starke virtuelle Arbeitsanteile gibt. Möglicherweise liegt das auch an den oft fehlenden Rahmenbedingungen für kreatives Arbeiten im virtuellen Kontext.
Nicht zuletzt erwarten die Mitarbeitenden, dass ihr Arbeitgeber sie entsprechend technisch ausrüstet.
Mehr und mehr zeigt sich also, dass hybrides Arbeiten durchdachte Konzepte benötigt, weil es sonst sogar zu Produktivitätseinbußen kommen kann.
Chancen von hybridem Arbeiten
Trotz der genannten Herausforderungen bietet hybrides Arbeiten für viele Unternehmen auch sehr gute Chancen und kann zu mehr Produktivität beitragen. Denn im Homeoffice sind die Beschäftigten tatsächlich oft weniger abgelenkt als im Büro.
Hinzu kommt, dass Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle anbieten, für jüngeren Generationen und häufig auch Frauen und Eltern, sehr viel attraktiver sind. Dieser Faktor spielt in Zeiten des Fachkräftemangels eine immer größere Rolle für Unternehmen, die sich zukunftssicher aufstellen wollen. Für die Personalbeschaffung bedeutet hybrides Arbeiten zudem, dass es mehr Möglichkeiten gibt, qualifiziertes Personal auch unabhängig vom Standort einzustellen und so für mehr Diversität zu sorgen.
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Nicht zuletzt kann sich hybrides Arbeiten sehr positiv auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken, weil die Mitarbeitenden sich häufig deutlich mehr mit dem Unternehmen und dem Sinn ihrer Arbeit identifizieren, daher motivierter arbeiten und weniger mit negativen Emotionen zu kämpfen haben. Gesündere Mitarbeitende bedeutet geringere Krankheits- und Ausfallkosten und eine sinkende Fluktuation.
Strategische Konzepte für hybrides Arbeiten
Um den Herausforderungen gewachsen zu sein und von den Chancen des hybriden Arbeitens profitieren zu können, sind Sie als Arbeitgeber gefordert, strategische Konzepte zu entwickeln. Gerade der Mittelstand, der häufig noch traditionelleren Arbeitsformen verhaftet ist, kann mit einem durchdachten Konzept, das die Bedürfnisse der Beschäftigten ebenso berücksichtigt wie die Produktivität, einen klaren Wettbewerbsvorteil erreichen.
Doch was bedeutet das im Einzelnen? Wir haben einen kurzen Leitfaden für Sie zusammengestellt, um Sie bei der Umsetzung von hybridem Arbeiten in Ihrem Unternehmen zu unterstützen.
Leitfaden für hybrides Arbeiten
Damit die Einführung der Hybrid-Arbeit gelingt, definieren Sie diese Aufgabe als Projekt und gehen Sie es ganz systematisch an:
1. Analyse des Ist-Zustands
Bevor Sie starten, ist es hilfreich, zunächst zu erfassen, in welchen Bereichen Ihres Unternehmens hybrides Arbeiten überhaupt möglich ist. In der Produktion ist das eher selten der Fall, bei Büroarbeitsplätzen jedoch sehr häufig. Team- und Unternehmensstrukturen sollten Sie ebenfalls in Ihre Überlegungen einbeziehen. Zudem ist es wichtig, auch die Haltung der Beschäftigten zum hybriden Arbeiten zu erfragen. Zwar hat das Remote-Arbeiten oder die Arbeit im Homeoffice sehr an Attraktivität und Akzeptanz gewonnen, doch noch längst nicht alle Arbeitnehmer*innen wünschen sich dieses Arbeitsmodell auf Dauer.
2. Definition der notwendigen Anschaffungen
Haben Sie die Einführung beschlossen – ggf. unter Einbeziehung des Betriebsrats – geht es nun darum, auf der technischen Ebene die nötigen Voraussetzungen zu schaffen:
- Welches Equipment brauchen die Mitarbeitenden, um ihren Aufgaben nachkommen zu können?
- Wie stellen Sie die datenschutzkonforme Übermittlung von Daten sicher?
- Welche weiteren rechtlichen Grundlagen müssen ggf. beachtet werden?
- Welches Budget steht zur Verfügung?
Wenn diese Fragen beantwortet sind, kann es weitergehen.
3. Investition in Kommunikation und Teamkultur
Dieser Faktor wird oft vernachlässigt, ist jedoch entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von hybridem Arbeiten. Als Arbeitgeber schenken Sie Ihren Beschäftigten Vertrauen, weil Sie die tatsächliche Arbeitszeit nicht mehr konkret kontrollieren können. Stattdessen rücken die Ergebnisse in den Vordergrund. Daher ist es extrem wichtig, dass Sie Ihre unternehmerischen Ziele klar und nachvollziehbar kommunizieren – und die dafür notwendigen Prozesse deutlich machen. So binden Sie Ihre Mitarbeitenden mit ein und erreichen eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen. Eine reibungslos funktionierende digitale Infrastruktur ist eine wesentliche Voraussetzung dafür. Die Ausrüstung mit Laptop und Headset allein reicht nicht aus!
Neben der technologischen Ausstattung machen Sie sich am besten auch Gedanken darüber, wie Sie den Teamspirit auch im digitalen Umfeld fördern können. Regelmäßige virtuelle Meetings, die professionell und ansprechend vorbereitet und umgesetzt werden, können dazu beitragen. Denn so sorgen Sie dafür, dass niemand von wichtigen Informationen ausgeschlossen wird, sodass Gefühle von Isolation erst gar nicht aufkommen. Als hilfreich hat sich zudem erwiesen, dass alle Teilnehmenden ihre Kamera anstellen, denn so wird wenigstens auch ein Teil der Körpersprache übertragen.
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4. Führungskräfte schulen
Damit hybrides Arbeiten gelingt, hängt viel von Ihren Führungskräften ab. Diese müssen lernen, ihre Teams in verschiedenen Arbeitsumgebungen, vielleicht auch Sprachen und Zeitzonen, effektiv zu führen. Das setzt voraus, dass sie ebenfalls hybrides Arbeiten praktizieren und schätzen – und dass sie Methoden und Techniken kennen, Mitarbeitende auch in dieser Form einzubinden und zu motivieren. Bewährt haben sich zum Beispiel auch regelmäßige Einzelgespräche, um Anzeichen für Unzufriedenheit rasch aufzuspüren und möglichst zu beseitigen. Führungskräfte können zudem lernen, wie sie auch im digitalen Kontext Methoden wie Brainstorming, Umfragen oder Whiteboards nutzen und damit Online-Meetings interessanter gestalten können.
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5. Feedback-Kultur etablieren
Bei hybriden Arbeitsformen, insbesondere während der Einführungsphase, ist eine funktionierende Feedback-Kultur hilfreich. Bitten Sie Führungskräfte und Mitarbeitende regelmäßig und gezielt um Feedback und binden Sie die Ergebnisse ein. Denn hybrides Arbeiten will sich erst einspielen. Sie brauchen also den Mut, sich Versäumnisse einzugestehen sowie Ideen und Vorschläge ernst zu nehmen und in den Prozess einzubringen.
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