Passende Mitarbeiter*innen zu finden und langfristig im Unternehmen zu halten, ist eine der größten Herausforderungen auf dem gegenwärtigen Arbeitsmarkt. Besonders schwierig gestaltet sich die Personaleinstellung, wenn die HR-Abteilung selbst vom Fachkräftemangel betroffen ist. Schließlich ist sie für die Suche nach neuen Talenten zuständig und damit entscheidend für das Wachstum von Unternehmen verantwortlich. Wenn der Bedarf an Human-Resources-Professionals nicht mehr gedeckt werden kann, sollten Arbeitgeber schnellstmöglich gegensteuern. Denn eine gelungene HR-Rekrutierung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für dauerhaften Unternehmenserfolg.
Der Fachkräftemangel macht keinen Halt vor der Personalabteilung
Nach einem rasanten Anstieg zwischen Mitte 2021 und Anfang 2022 pendelt sich der Hays-Fachkräfte-Index im Bereich HR auf konstant hohem Niveau ein. Im ersten Quartal 2023 übertraf die Gesamtnachfrage für Personaler*innen den Referenzwert der Ersterhebung aus dem Jahr 2015 um 297 Prozentpunkte. Der bisherige Rekord wurde im ersten Quartal 2022 mit 338 Prozent mehr HR-Stellenanzeigen als 2015 erreicht. Laut einer Indeed-Auswertung für das Handelsblatt hatten allein die 40 größten Börsenunternehmen im Dax knapp 500 Jobs in ihren Personalabteilungen zu vergeben.
Mit dem Abebben der Pandemie suchten die Arbeitgeber verstärkt nach neuen Fachkräften und benötigten dafür vor allem Recruiter*innen, Personalreferent*innen, HR Business Partner und Profis im Bereich Employer Branding. Aus den gefragten Berufsprofilen lässt sich ableiten, dass neben einer kurzfristigen Mitarbeitergewinnung auch die langfristige Mitarbeiterbindung zunehmend in den Fokus rückte. Diesen Trend bestätigt der aktuelle HR-Fachkräfte-Index aus dem ersten Quartal 2023, der die größten Nachfragezuwächse in den Bereichen Personalentwicklung und Talentmanagement verzeichnet. Überdurchschnittlich oft gesucht werden auch weiterhin HR Business Partner, die eine wichtige Schlüsselfunktion an der Schnittstelle zwischen dem obersten Management, den einzelnen Fachbereichen und der Personalabteilung einnehmen.
Besonders viele freie HR-Jobangebote gibt es dem Fachkräfte-Index zufolge in der öffentlichen Verwaltung und bei Personaldienstleistern. Laut Job- und Skill-Barometer der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) suchen vor allem große Unternehmen nach Human-Resources-Fachleuten, während kleine und mittelständische Betriebe weniger Stellen in diesem Bereich ausschreiben.
Gründe für den Fachkräftemangel im HR-Bereich
Dass die HR-Rekrutierung den meisten Unternehmen Schwierigkeiten bereitet, liegt nicht nur am demografischen Wandel.
Wachsende Anforderungen
Die Auswirkungen der Covid-19-Krise führten den Arbeitgebern die zunehmende Bedeutung von gelungenem Personalmanagement vor Augen. Das Berufsbild „Personaler*in“ veränderte sich nachhaltig. Während Kommunikationstalent, Eigenmotivation und Teamfähigkeit laut Job- und Skill-Barometer seit Jahren konstant zu den wichtigsten Soft Skills von HR-Fachkräften zählen, steigen die fachlichen Anforderungen rasant. Personaler*innen sollten sich beispielsweise mit den aktuellen Arbeitsmarkt- und Rekrutierungstrends auskennen, um die Bedürfnisse der Jobsuchenden besser zu verstehen. Sie benötigen Marketingwissen, um ein Employer Branding zu erschaffen und die Arbeitgebermarke attraktiv zu positionieren. Dem Trend-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zufolge entwickeln sich digitales Wissen und IT-Kenntnisse zu den gefragtesten Fähigkeiten von Personaler*innen. Schließlich laufen in der HR-Abteilung immense Mengen an Big Data zusammen, die bisher noch unzureichend genutzt werden. Daten gelten als blinder Fleck in der HR. Damit sich das ändert, werden Fachkräfte benötigt, die nicht nur altbewährte HR-Kompetenzen mitbringen, sondern sich darüber hinaus mit branchenspezifischen Softwarelösungen und People Analytics auskennen.
Fehlende Informationen
Dass die HR-Branche beim Fachkräftenachwuchs nicht den besten Ruf hat, erschwert die Personaleinstellung zusätzlich. Kündigungen, Abmahnungen, Bürokratie – der Gedanke an die Personalabteilung löst bei vielen jungen Arbeitnehmer*innen negative Assoziationen aus. Zu diesem Ergebnis kommt ein gemeinsames Seminarprojekt der Hochschulen München und Rosenheim. Wer sich trotzdem für ein Praktikum im Bereich Human Resources entscheidet, lernt häufig nur die verwaltenden und unterstützenden Aspekte der Tätigkeit kennen, muss Krankmeldungen erfassen und Urlaubsansprüche berechnen. Wenn es spannend wird, wie beispielsweise bei der Konzeption von Personalentwicklungsmaßnahmen oder beim Führen von Vorstellungsgesprächen, bleiben Praktikant*innen meist außen vor.
Schlechte Aufstiegschancen
Laut Hays-Abteilungsleiter Florian Wagner gehört das Thema Personal erst seit Kurzem zu den Top-3-Themen in deutschen Chefetagen. Bevor Arbeitgeber die erfolgsentscheidende Bedeutung von Mitarbeiterorientierung erkannten, waren Personaler*innen in erster Linie für administrative Aufgaben zuständig. Noch heute sind Vertreter*innen der Human-Resources-Abteilung kaum im C-Level von Unternehmen vertreten, wie Frank Hensgens, Geschäftsführer von Indeed DACH, in einem Interview mit dem Business Insider feststellt. Die Stellenmarktanalyse von index Research bestätigt, dass sich nur 1,5 Prozent der Jobangebote auf Vorstands- und Bereichsleitungsebene an HR-Fachkräfte richten, während Young Professionals, Praktikant*innen, Schüler*innen und Student*innen überdurchschnittlich häufig für die Personalabteilung gesucht werden. Obwohl die HR-Verantwortlichkeiten in den meisten Betrieben inzwischen weit über die reine Personalverwaltung hinausgehen, gilt das Personalwesen noch immer als relativ enger Bereich mit geringen Aufstiegsmöglichkeiten.
Wie können Arbeitgeber solchen Vorbehalten entgegenwirken, ohne dabei ihre zu Recht hohen Ansprüche an geeignete HR-Professionals herunterzuschrauben?
HR-Rekrutierungstrends: So finden Sie Fachkräfte für die Personalabteilung
Allgemeine Recruiting-Tipps gelten auch für freie Stellen in der Personalabteilung. Darüber hinaus lassen sich die Erfolgsaussichten der HR-Rekrutierung mit den folgenden Maßnahmen verbessern.
1. Erklären Sie Personalplanung zur Managementaufgabe
Laut einer KOFA-Studie verzichtete noch 2019 über die Hälfte der deutschen Unternehmen auf vorausschauende Analysen in Bezug auf zukünftige Personalengpässe, Talentbedarf, Fluktuation und Pensionierungen. In einem ersten Schritt sollte die Personalplanung fest als strategische Aufgabe des Managements verankert werden, empfiehlt Indeed-Chef Hensgens. Themen wie Rekrutierung, Retention und Mitarbeitermanagement müssen auf höchster Ebene besprochen und gepusht werden, um die HR symbolisch und praktisch aufzuwerten. Schließlich entwickelt sich die Personalabteilung zunehmend zum Herzstück von Unternehmen.
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2. Beachten Sie individuelle Unternehmensanforderungen
Bei den HR-Rekrutierungstrends 2023 stehen sich zwei Gegenpole gegenüber. Einige Unternehmen setzen vermehrt auf ganzheitliche Recruiter*innen, die umfassendes Wissen zu Branche, Unternehmen und Stelleninhalt mitbringen. Andere Arbeitnehmer suchen nach HR-Spezialist*innen mit Sales-Qualitäten, Überzeugungskraft und einem großen Netzwerk. Spezifische Branchenkenntnisse spielen für sie nur eine untergeordnete Rolle. Wo die Prioritäten bei der Personaleinstellung für die HR-Abteilung liegen sollten, ist von den spezifischen Anforderungen im Unternehmen abhängig.
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3. Identifizieren Sie HR-Talente in den eigenen Reihen
Laut PwC-Trend-Barometer werden im Jahr 2030 neben digitalem Wissen vor allem Empathie und strategisches Denken zu den wichtigsten Fähigkeiten von Personaler*innen zählen. Vielleicht haben Sie schon jetzt Mitarbeiter*innen im Unternehmen, die sich durch diese Qualitäten auszeichnen. Interne Kompetenzentwicklung ist in vielen Fällen zeit- und kostensparender als externe Personaleinstellung. Vor allem in Betrieben, wo HR-Fachkräfte fundierte Branchenkenntnisse benötigen, lohnt sich die Förderung potentieller HR-Talente, beispielsweise aus den Bereichen Marketing oder Vertrieb. Bereits 2016 hatten 52 Prozent der HR-Angestellten mit Hochschulabschluss ein fachfremdes Studium absolviert, wie eine Studie von Compensation Partner belegt.
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4. Investieren Sie in IT und Digitalisierung
Gestalten Sie den Arbeitsalltag im Personalwesen attraktiver, indem Sie eintönige und bürokratische Aufgaben an moderne Technologien auslagern. Durch digitale Personalinformationssysteme lassen sich typische HR-Prozesse automatisieren, wie beispielsweise die Arbeitszeiterfassung oder die Gehaltsabrechnung. Die Nutzung von HR-Software vereinfacht die Personalverwaltung, steigert die Effizienz, unterstützt die Compliance, verbessert die Employee Experience und trägt damit wesentlich zur Zufriedenheit der HR-Mitarbeiter*innen bei. Eine DGFP-Studie zeigt, dass erst acht Prozent der deutschen Unternehmen auf eine ganzheitliche Datenplattformstrategie setzen, während 58 Prozent noch immer auf manuelle Excel-Workarounds angewiesen sind.
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5. Holen Sie sich Unterstützung
Wenn es Ihnen trotz aller Anstrengungen nicht gelingt, die freien Stellen in der Personalabteilung zu besetzen, können Sie die HR-Rekrutierung auch an eine Personalvermittlung auslagern und von dem breiten Erfahrungsschatz und den meist großen Talent-Pools der Expert*innen profitieren. Auch die Zusammenarbeit mit Headhuntern kann sich auszahlen, vor allem dann, wenn Sie nach HR-Spezialist*innen mit sehr spezifischen Anforderungsprofilen suchen.
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HR-Recruiting ist Chefsache
Damit das Personalwesen dem Fachkräftemangel weiter vorbeugen kann, anstatt selbst zum Betroffenen zu werden, sollten Arbeitgeber der Rekrutierung von HR-Talenten höchste Priorität einräumen. Denn eine kompetent besetzte Personalabteilung stellt die Weichen dafür, dass sich auch für andere freie Stellen im Betrieb schnell geeignete Bewerber*innen finden. Sie trägt Verantwortung für die wichtigste Ressource im Unternehmen, ist von elementarer Bedeutung für die Bindung der Mitarbeiter*innen und damit entscheidender Erfolgsfaktor auf dem aktuellen Arbeitsmarkt.