Dem Fachkräftemangel durch ausländische Fachkräfte begegnen
Laut einer aktuellen Studie (2021) gaben von 7.500 befragten Entscheider*innen in deutschen Unternehmen 66 % an, dass sie Engpässe bei der Besetzung von Positionen für Fachkräfte haben, insbesondere bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. Besonders stark sind die Pflege und der Gesundheitsbereich allgemein betroffen.
Die Studie zeigt aber auch auf, dass nur 16 % der befragten Unternehmen gezielt ausländische Fachkräfte rekrutieren. Dabei hat das Anfang 2020 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) die Beschäftigung von Personal aus dem Ausland deutlich vereinfacht:
- Hochschulabsolvent*innen sind ebenso wie Fachkräfte mit einer Berufsausbildung als Fachkräfte erfasst.
- Es ist kein Nachweis mehr erforderlich, dass die Position nicht durch deutsche Bewerber*innen besetzt werden kann (Wegfall der sogenannten Vorrangprüfung).
- Die Begrenzung auf Mangelberufe bei qualifizierter Berufsausbildung entfällt ebenfalls.
- Fachkräfte können jetzt ebenso wie bisher bereits Hochschulabsolvent*innen für eine befristete Zeit zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland kommen, sofern der Lebensunterhalt gewährleistet ist und deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen werden können.
- Verfahrensvereinfachungen wurden insbesondere im Hinblick auf eine Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden etabliert, ebenso wie beschleunigte Verfahren für Fachkräfte.
Es wurden also zahlreiche bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt. Konkret bedeutet dies, dass in vielen Fällen Fachkräfte, die ein konkretes Jobangebot in Deutschland haben, ihre Stelle nun wesentlich schneller antreten können. Zudem können Unternehmen bei der zuständigen Ausländerbehörde ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren beantragen, was die Bearbeitungszeit weiter verkürzen kann.
Der Ablauf der Fachkräftegewinnung nach dem FEG
Als Fachkraft gilt, wer im Ausland eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat. Für eine Beschäftigung in Deutschland müssen Fachkräfte nachweisen, dass sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Außerdem müssen sie ihren Abschluss anerkennen lassen. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie auf dem Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen.
Sobald das geklärt ist, können die Fachkräfte nach Deutschland einreisen und dort entweder ihre Arbeit aufnehmen oder sich für 6 Monate zur Arbeitsplatzsuche hier aufhalten. Dabei dürfen sie pro Woche 10 Stunden zur Probe arbeiten. Als dritte Möglichkeit können sie sich für maximal zwei Jahre weiterqualifizieren, entweder direkt im Betrieb oder auch extern, um Differenzen zum deutschen Referenzberuf auszugleichen.
Vorteile des internationalen Recruitings
Tatsächlich hat ein global ausgerichtetes Marketing im Hinblick auf internationales Recruiting einige Vorteile für Unternehmen:
Denn durch ausländische Fachkräfte stellen Sie einerseits sicher, dass Ihr Unternehmen Vakanzen besetzen kann und so wettbewerbsfähig bleibt. Das gilt für Handwerksbetriebe und den Mittelstand ebenso wie für internationale Großkonzerne, die in der Regel schon längst weltweit nach gut ausgebildeten Fachkräften suchen.
Zum anderen können ausländische Fachkräfte zu mehr Diversität im Unternehmen beitragen und neue Perspektiven und Denkweisen mitbringen, die sich positiv auf die Innovationskraft auswirken. Darüber hinaus haben ausländische Fachkräfte durch die Verbindungen in ihr Heimatland oft die Möglichkeit, Ihr Unternehmen bei der Erschließung neuer Absatzmärkte im Ausland zu unterstützen.
Verwandt: Wie Sie von Diversität am Arbeitsplatz profitieren
Welche Berufe eignen sich besonders für internationales Recruiting?
Berufe mit direktem Kundenkontakt sind häufig weniger für internationales Recruiting geeignet. Das trifft zum Beispiel auf den Vertrieb zu oder auch auf den Support bzw. die Beratung – es sei denn, es geht um internationale Kunden, denn dann sind englische Sprachkenntnisse häufig wichtiger. Wenn Sie insbesondere darauf setzen wollen, dass ausländische Fachkräfte auch remote in ihrem Heimatland für Sie arbeiten, kommen zudem keine Berufe in Frage, die eine Anwesenheit vor Ort erfordern, was beispielsweise für alle Bereiche in der Produktion gilt.
Besonders geeignet sind hingegen alle internen Tätigkeiten, wie zum Beispiel in Marketing und Produktentwicklung, Forschung und Entwicklung oder in der IT. Auch Handwerker*innen können häufig über internationales Recruiting gewonnen werden, ebenso wie Fachkräfte aus der Pflege und dem Gesundheitswesen allgemein.
Was bei internationalem Recruiting zu beachten ist
Damit Sie bei der Suche nach ausländischen Fachkräften erfolgreich sind, schaffen Sie am besten gute Voraussetzungen:
- Wichtig ist vor allem eine Recruiting-Strategie, die klare Rahmenbedingungen vorgibt. Dabei sollten Sie definieren, welche Positionen Sie durch internationale Fachkräfte besetzen möchten und wie das Bewerbungsverfahren intern gemanagt werden soll. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass eine direkte Vergleichbarkeit von ausländischen mit deutschen Abschlüssen nicht immer gegeben ist. Daher ist es sinnvoll, Stellenausschreibungen weniger auf formale Qualifikationen auszurichten, sondern eher fachliche und persönliche Kompetenzen zu nennen, die bei der zu besetzenden Vakanz benötigt werden.
- Bieten Sie darüber hinaus Unterstützung bei den rechtlichen Rahmenbedingungen an und liefern Sie interessierten Bewerber*innen Informationen zum Anerkennungs- und Bewerbungsverfahren, zum Beispiel direkt auf Ihrer Karriereseite. Sie können auch anbieten, den Fachkräften bei der Beantragung eines Visums oder einer Arbeitserlaubnis behilflich zu sein.
- Häufig ist es sinnvoll, sich auf bestimmte Länder zu begrenzen, um den Aufwand geringer zu halten. Für Kandidat*innen aus EU- und EFTA-Ländern gilt die Freizügigkeit, das heißt, es gibt praktisch keine Einschränkungen in Bezug auf Aufenthalt und Wohnsitz. Bei anderen Drittländern müssen die bereits genannten Regelungen beachtet werden.
- Geben Sie ausländischen Fachkräften auch die Möglichkeit, sich Ihnen zunächst in einer Videokonferenz vorzustellen, statt ihnen längere Reisen zuzumuten, die dann vielleicht doch nicht zum Erfolg führen.
- Um geeignete Bewerber*innen auf Ihr Unternehmen und Vakanzen aufmerksam zu machen, ist auch die Wahl der passenden Jobbörse nicht unerheblich. Einige Anbieter wie Indeed.com sind international vertreten und bieten sich daher für globale Recruitingstrategien an.
Verwandt: So kann Indeed Sie beim digitalen Einstellungsprozess unterstützen
- Denken Sie auch an internationale Business-Plattformen und setzen Sie sich mit Personen aus Ihrem Netzwerk in Verbindung, die vielleicht bereits Erfahrungen mit Recruitingprozessen in Ihrem Zielland haben. Das kann Ihnen wertvolle Insights liefern.
- Viele Unternehmen vergessen zudem, dass auch ausländische Absolvent*innen, die sie zum Beispiel als Werkstudierende beschäftigt haben, häufig noch im Talent Pool stecken. Diese Personen sind häufig selbst qualifiziert für entsprechende Vakanzen und bei einem guten Angebot eher bereit, wieder nach Deutschland zu kommen. Sie können darüber hinaus aber auch als Multiplikatoren dienen und Ihren Bedarf in ihrem Heimatland platzieren helfen bzw. über ihre Netzwerke dort teilen.
- Denken Sie auch an kulturelle Besonderheiten, die in Ihrem Zielland gelten, damit es nicht schon beim ersten Kontakt zu interkulturellen Konflikten kommt. Ihre Recruiting Manager*innen sollten idealerweise die Eigenheiten des Ziellandes in Bezug auf den Bewerbungsprozess kennen und sich entsprechend bei jedem Kontakt darauf einstellen können.
Verwandt: Was ist interkulturelle Kompetenz?
- Lassen Sie sich zudem Referenzen nennen, die Sie bei Bedarf kontaktieren können. In anderen Ländern sind Arbeitszeugnisse wie bei uns nicht immer als Standard vorauszusetzen. Hier kann die direkte Ansprechperson bei einem ehemaligen Arbeitgeber der Kandidat*innen für zusätzliche Informationen sehr wertvoll sein.
Verwandt: Wie Sie Referenzen prüfen: Diese Fragen sollten Sie stellen
Wenn Sie diese Punkte beachten, stellen Sie die Weichen für die erfolgreiche Rekrutierung von ausländischen Fachkräften für Ihr Unternehmen.
Verwandt: Flüchtlinge aus der Ukraine in der EU einstellen: FAQ für Arbeitgeber
Wo Sie Unterstützung finden
Manche Arbeitgeber haben trotz der engen Personalsituation Bedenken, ausländische Fachkräfte anzustellen. Sie scheuen den bürokratischen Aufwand oder befürchten, dass die neuen Mitarbeiter*innen das Unternehmen schnell wieder verlassen.
Es gibt jedoch vielfältige Angebote, um diese und andere Bedenken auszuräumen bzw. bereits im Vorfeld zu beraten. Unter anderem können Sie sich bei folgenden Stellen informieren und unterstützen lassen:
- Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit
- Bei den örtlichen Ausländerbehörden können Sie den Antrag auf das beschleunigte Anerkennungsverfahren stellen.
- Das Projekt Hand in Hand for International Talents, eine 100-prozentige Tochter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, rekrutiert in einem Pilotprojekt Fachkräfte aus Brasilien, Indien und Vietnam für Unternehmen in den IHK-Regionen Erfurt, Düsseldorf, Lübeck, Reutlingen und Rostock.
- Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung für Unternehmer (KOFA) bietet regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen Aspekten des Recruiting an, bei denen die Expert*innen auch direkt befragt werden können.
- EURES, der European Employment Service, ist ein Netzwerk der EU und fördert den Austausch von Arbeitskräften in Europa. Über den Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit können Sie sich kostenfrei von EURES-Expert*innen vor Ort beraten lassen.
Mit diesen Tipps können Sie zukünftig dem Fachkräftemangel in Ihrem Betrieb aktiv entgegenwirken und Ihr Unternehmen wettbewerbsfähig halten.