Was ist die Sozialversicherung?
Das deutsche Absicherungssystem basiert auf fünf Säulen:
- Krankenversicherung: Die Krankenversicherung deckt die Kosten für medizinische Behandlungen, Medikamente, Krankenhausaufenthalte und Vorsorgeuntersuchungen. Da in Deutschland Krankenversicherungspflicht besteht, müssen Ihre Mitarbeitenden in der Regel Mitglied bei einer gesetzlichen Krankenkasse sein. Nur bei einem Bruttoeinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze ist eine private Versicherung möglich.
- Pflegeversicherung: Durch finanzielle Unterstützung bei der häuslichen oder stationären Pflege mindert dieser Versicherungszweig die Belastung der Betroffenen und ihrer Familien. Die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung erfolgt automatisch über die gesetzliche Krankenkasse.
- Rentenversicherung: Die gesetzliche Rentenversicherung sichert den Lebensunterhalt im Alter, bei Erwerbsminderung und im Todesfall von Familienangehörigen. Neben Arbeitnehmer*innen, Auszubildenden und Empfänger*innen von Arbeitslosen- und Krankengeld gilt die Rentenversicherungspflicht auch für bestimmte Selbstständige, darunter Handwerker*innen und Kunstschaffende, Publizist*innen, Hebammen und freiberufliche Lehrkräfte.
- Arbeitslosenversicherung: Die Arbeitslosenversicherung bietet finanzielle Hilfen bei Arbeitsplatzverlust und fördert Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Auch Kurzarbeitergeld und Gründungszuschüsse werden über die Arbeitslosenversicherung finanziert.
- Unfallversicherung: Deutsche Unternehmen müssen bei der zuständigen Berufsgenossenschaft eine Unfallversicherung für ihre Beschäftigten abschließen, um die Kosten für medizinische Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen nach Arbeits- und Wegeunfällen sowie bei Berufskrankheiten abzudecken.
Die deutsche Sozialversicherung basiert auf dem Solidaritätsprinzip. Das bedeutet, dass alle Versicherten, unabhängig von ihrem individuellen Risiko, Beiträge einzahlen und im Bedarfsfall Leistungen erhalten. Die Beitragshöhe wird prozentual vom Einkommen berechnet, sodass Besserverdienende bei gleicher Absicherung höhere Abgaben leisten als Menschen mit geringerem Arbeitsentgelt.
Für welche Beschäftigungsformen müssen Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge abführen?
Wenn gegen Entgelt eine nicht selbstständige und fremdbestimmte Arbeit verrichtet wird, liegt in der Regel ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Sozialversicherungspflicht vor. Diese Kriterien sind unter anderem bei den folgenden Personengruppen gegeben:
Reguläre Voll- oder Teilzeitbeschäftigte
Wenn Sie als Arbeitgeber bestimmen, wann, wie und wo die Mitarbeitenden ihrer Tätigkeit nachgehen, können Sie davon ausgehen, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Bei der Beurteilung der Versicherungspflicht kommt es auf die Weisungsgebundenheit und die tatsächliche Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers an. Die Bezeichnung und die Rechtsform des Vertragsverhältnisses sind unerheblich, sodass selbst eine illegale Beschäftigung versicherungspflichtig sein kann.
Auszubildende
Wenn Sie in Ihrem Betrieb Mitarbeiter*innen ausbilden, müssen Sie unabhängig von der Höhe der Ausbildungsvergütung die vollen Sozialversicherungsbeiträge für Ihre Azubis abführen. Versicherungspflicht besteht ebenfalls für Personen, die ein duales Studium absolvieren, sowie für praxisorientierte schulische Ausbildungen in Gesundheitsberufen. Um einiges komplexer ist die versicherungsrechtliche Einstufung bei einer Beschäftigung von Praktikant*innen, sodass Sie sich vorab unbedingt umfassend informieren sollten.
Geringfügig entlohnte Beschäftigte
Für Minijobber*innen mit einem Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze übernehmen Sie als Arbeitgeber sämtliche Beitragspflichten. Für die Kranken- und Rentenversicherung werden pauschal 13 bzw. 15 % fällig. Die Beschäftigten selbst zahlen maximal 3,6 % an die Rentenversicherung, können sich allerdings von ihrer Versicherungspflicht befreien lassen. Beiträge zur Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssen für Minijobs nicht geleistet werden.
Für welche Beschäftigungsformen müssen Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge abführen?
Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt der Arbeitgeberanteil an die Sozialversicherung:
Selbstständige
Falls in Ihrem Unternehmen freie Mitarbeitende tätig sind, müssen Sie für sie keine Sozialversicherungsbeiträge abführen, da selbstständige Auftragnehmer*innen selbst für ihre Vorsorge verantwortlich sind. Eine Ausnahme besteht, wenn Sie regelmäßig Leistungen von Künstler*innen und Publizist*innen in Anspruch nehmen oder deren Werke verwerten. In diesem Fall müssen Sie anstelle von Sozialversicherungsbeiträgen eine jährliche Künstlersozialabgabe entrichten.
Sie sind sich nicht sicher, ob es sich bei einem Arbeitsverhältnis um eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit handelt? Dann sollten Sie ein Statusfeststellungsverfahren in der Sozialversicherung nach § 7a SGB IV beantragen, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden und Scheinselbstständigkeit auszuschließen.
Kurzfristig Beschäftigte
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis von vorneherein auf drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Sollte das Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze liegen, darf die Tätigkeit zudem nicht berufsmäßig ausgeübt werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss der Arbeitgeber lediglich die Kosten für die Unfallversicherung und bestimmte Umlagen tragen. Beiträge für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entfallen.
Werkstudierende
Sollten Sie in Ihrem Unternehmen Werkstudent*innen beschäftigen, brauchen Sie unabhängig vom Entgelt keine Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Wie viel Sie an die Rentenversicherung abführen müssen, ist vom vereinbarten Arbeitsentgelt abhängig. Beachten Sie, dass das Werkstudentenprivileg nur Anwendung findet, wenn der Schwerpunkt auf dem Studium liegt und die wöchentliche Arbeitszeit mit Ausnahme der Semesterferien 20 Stunden nicht überschreitet.
Leiharbeiter*innen
Bei Leiharbeiter*innen übernimmt grundsätzlich das verleihende Unternehmen als Arbeitgeber sämtliche Sozialversicherungspflichten. Allerdings sollten Sie unbedingt sicherstellen, dass die Arbeitnehmerüberlassung von der Bundesagentur für Arbeit genehmigt wurde. Ansonsten werden Sie als Entleiher zum Arbeitgeber und müssen unter Umständen hohe Nachzahlungen leisten.
Wie werden Sozialversicherungsbeiträge berechnet?
Die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge erfolgt auf Basis des Arbeitsentgelts, das alle laufenden und einmaligen Zahlungen an Ihre Beschäftigten umfasst. In den meisten Versicherungszweigen werden die anfallenden Beträge nach dem paritätischen Prinzip zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen.
- Krankenversicherung: Der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung liegt bei 14,6 % des Bruttoeinkommens. Der Arbeitgeberanteil beträgt 7,3 %. Dazu kommt ein kassenindividueller Zusatzbetrag von durchschnittlich 1,7 %, der ebenfalls hälftig vom Arbeitgeber übernommen wird.
- Pflegeversicherung: Der Arbeitnehmeranteil zur Pflegeversicherung ist von der Anzahl der Kinder abhängig. Da der Arbeitgeber in der Regel keinen Einfluss auf die Familienplanung der Mitarbeitenden hat, wird der Arbeitgeberanteil konstant mit 1,7 % vom Arbeitsentgelt angesetzt. Eine Sonderregelung gilt in Sachsen, wo bei der Einführung der Pflegeversicherung kein Feiertag gestrichen wurde. Dort liegt der Arbeitgeberanteil nur bei 1,2 %, während die Beschäftigten 2,2 % ihres Bruttoeinkommens zahlen.
- Rentenversicherung: Auf die Rentenversicherung entfallen 18,6 % des Arbeitsentgelts, 9,3 % übernimmt der Arbeitgeber.
- Arbeitslosenversicherung: Der Arbeitnehmeranteil zur Arbeitslosenversicherung beträgt 1,3 % (insgesamt 2,6 %).
- Unfallversicherung: Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung werden ausschließlich vom Arbeitgeber getragen. Die Höhe hängt vom Unfallrisiko der spezifischen Branche, dem insgesamt an alle Mitarbeiter*innen gezahlten Bruttoentgelt und den Ausgaben der Berufsgenossenschaft ab.
Insgesamt belaufen sich die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitgeber auf durchschnittlich 21 % des Bruttogehalts.
Welche sonstigen Sozialabgaben müssen entrichtet werden?
Zu den Sozialversicherungsbeiträgen kommen sogenannte Umlagen, über welche bestimmte Leistungen an die Arbeitnehmer*innen finanziert werden:
- U1: Wenn Sie regelmäßig nicht mehr als 30 Mitarbeiter*innen beschäftigen, müssen Sie je nach Krankenkassen einen Umlagesatz zwischen 1 und 4 % entrichten, um eine Lohnfortzahlung bei Krankheit zu gewährleisten.
- U2: Für die Erstattung von Mutterschutzaufwendungen fallen je nach Krankenkasse ca. 0,2 bis 1 % vom Arbeitsentgelt an.
- U3: Die Umlage 3 ist ein monatlicher Beitrag, den Arbeitgeber in Deutschland leisten müssen, um die Finanzierung des Insolvenzgeldes sicherzustellen. Dieses Insolvenzgeld wird an Arbeitnehmer*innen ausgezahlt, die aufgrund der Insolvenz ihres Arbeitgebers kein Gehalt erhalten haben. Für die U3 fallen 0,06 % an.
Genau wie die Beiträge zur Unfallversicherung sind die Umlagen ausschließlich vom Arbeitgeber zu bezahlen, die Arbeitnehmer*innen tragen keine Kosten.
Was ist die Beitragsbemessungsgrenze?
Bei der Berechnung der Sozialabgaben müssen Sie Löhne und Gehälter nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze ansetzen. Für Entgelt, das darüber liegt, brauchen keine Beiträge entrichtet zu werden. Beachten Sie, dass die Beitragsbemessungsgrenzen jährlich angepasst werden und je nach Versicherungszweig variieren. Auch zwischen den alten und neuen Bundesländern gibt es Unterschiede. Legen Sie Ihren Berechnungen unbedingt die aktuellen Zahlen zugrunde, um Nachzahlungen zu vermeiden.
Wie müssen die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden?
Die gesetzliche Krankenkasse, bei der Ihre Beschäftigten versichert sind, fungiert als Einzugsstelle für sämtliche Versicherungsträger. Neben den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung müssen Arbeitgeber auch die Renten- und Arbeitslosenversicherung für ihre Mitarbeiter*innen an die gesetzliche Krankenkasse überweisen. Nur bei geringfügig Beschäftigten gehen die Beiträge an die Minijob-Zentrale. Die Unfallversicherung ist direkt an die zuständige Berufsgenossenschaft zu entrichten.
Was zählt neben den Sozialversicherungsbeiträgen noch zu den Lohnnebenkosten?
Lohnnebenkosten sind Kosten, die einem Arbeitgeber zusätzlich zu den Bruttogehältern der Beschäftigten entstehen. Neben den gesetzlichen Sozialabgaben können sie auch freiwillige Aufwendungen umfassen, wie eine betriebliche Altersvorsorge, vermögenswirksame Leistungen, Mobilitätsbudgets oder andere Mitarbeiterbenefits, darunter Firmenwagen, Essenszuschüsse, Produktrabatte oder Weiterbildungsmaßnahmen.
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Was ist der Unterschied zwischen Lohn- und Personalkosten?
Lohnkosten sind definiert als die direkten Kosten, die für die Bezahlung der Mitarbeitenden anfallen und unmittelbar mit der Arbeitsleistung verbunden sind. Neben den Bruttogehältern gehören auch der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung sowie die erwähnten Umlagen zu den Lohnkosten. Personalkosten umfassen darüber hinaus auch indirekte Kosten, die sich aus der Beschäftigung von Mitarbeiter*innen ergeben. Zusätzlich zu den Lohnkosten und den Lohnnebenkosten fallen beispielsweise Aufwendungen für Arbeitsmittel, Abfindungen sowie Ausgaben für das Recruiting neuer Talente in diese Kategorie.
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Wie profitieren Arbeitgeber von Sozialversicherungsbeiträgen?
Obwohl die Sozialversicherungsbeiträge einen wesentlichen Kostenfaktor in der Personalabteilung darstellen, geht die finanzielle Belastung mit einigen signifikanten Vorteilen für Arbeitgeber einher:
Höhere Produktivität
Eine umfassende soziale Absicherung kann sich positiv auf die Mitarbeitermotivation auswirken. Wenn sich die Beschäftigten keine Sorgen um die Auswirkungen möglicher Lebensrisiken machen müssen, können sie mit vollem Einsatz ihrer Berufstätigkeit nachgehen.
Verbesserte Arbeitgeberattraktivität
Indem Sie Ihren Mitarbeiter*innen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus weitere Sozialleistungen anbieten, können Sie sich einen wesentlichen Vorteil beim Recruiting neuer Talente verschaffen. Als attraktiver Arbeitgeber haben Sie gute Chancen, geeignete Fachkräfte für Ihr Unternehmen zu gewinnen und diese langfristig zu binden.
Mehr Planungssicherheit
Sollten Arbeitnehmer*innen krankheitsbedingt oder aus anderen versicherungsrelevanten Gründen ausfallen, können sie auf die Leistungen der Sozialversicherung zurückgreifen. Arbeitgeber müssen die entstehenden Kosten nicht allein stemmen und können sich gegen eventuelle Ansprüche absichern.
Steuerliche Abzugsfähigkeit
Die vom Arbeitgeber gezahlten Sozialversicherungsbeiträge sind als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar. Dies mindert die Steuerlast des Unternehmens und stellt somit einen indirekten finanziellen Vorteil dar.
Wirtschaftliche Stabilität
Das deutsche Sozialversicherungssystem gewährleistet eine breite Absicherung und trägt auf diese Weise zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilität unserer Gesellschaft bei. Unter diesen Voraussetzungen können Marktbedingungen entstehen, die eine optimale Basis für ein gesundes Unternehmenswachstum bieten.
Die Sozialversicherungsbeiträge tragen somit nicht nur zum Schutz der Beschäftigten bei, sondern schaffen ein robustes, rechtssicheres und produktives Arbeitsumfeld, was letztlich auch Ihrem Unternehmen zugutekommt.